KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER KLAGE-PROPAGANDA
: Schabernack mit Verfassung

Ach, wie edel! Weil die Lage Ernst und das Anliegen dringlich wäre, hätten FDP und CDU auf ein Eilverfahren bei der Verfassungsbeschwerde gegen den Landeshaushalt verzichtet? Wer soll denn das glauben?

Nein, wenn Thomas Röwekamp und Oliver Möllenstädt wirklich der Meinung wären, Finanzsenatorin Karoline Linnert und Bürgermeister Jens Böhrnsen träten die Landesverfassung mit Füßen – dann wär’s ihre Bürgerpflicht gewesen, sie schnellstmöglich zu stoppen. Doch sie wissen genau: Sie treiben bloß ihren Schabernack mit dem Staatsgerichtshof. Also pressiert’s nicht. Denn Bremen ist ja anders als Nordrhein-Westfalen. Das hatte versucht, sich per Neuverschuldung als Haushaltsnotlageland darzustellen. Bremen dagegen ist eines. Das weiß jeder. Und das steht sinngemäß sogar in Artikel 143d des Grundgesetzes. Haushaltsnotlage aber bezeichnet die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, die wieder die Landesverfassung als Ausnahme für die Kredit-Deckelung definiert.

Der Staatsgerichtshof hätte also CDU und FDP mitten in der hitzigsten Wahlkampfphase blamieren müssen, wenn sie aufs Tempo gedrückt hätten. Nur der Verzicht aufs Eilverfahren macht die chancenlose Klage für Propaganda nutzbar. Überzeugen wird sie alle, die Bremen und Nordrhein-Westfalen verwechseln. Viele sind das nicht.