Keine Alternative

CHILENISCHER WIDERSTAND Im Film „Calle Santa Fé“ erinnert sich eine Militante der chilenischen MIR

Der Militärputsch Augusto Pinochets vom 11. September 1973 in Chile war einer der blutigsten Lateinamerikas. Im Untergrund leisteten viele Linke Widerstand. Die MIR – Bewegung der Revolutionären Linken – hatte sich vorbereitet, einige Waffen besorgt. In einem Vorort von Santiago lebten Miguel Enriquez, der Generalsekretär der MIR, seine Frau und Genossin Carmen Castillo damals mit ihren beiden kleinen Töchtern im Untergrund in der Calle Santa Fé 725. Am 5. Oktober 1974 belagerten Geheimpolizei und Militär das Haus, warfen eine Granate hinein, welche die im sechsten Monat schwangere Carmen Castillo schwer verletzte. Miguel Enriquez wehrte sich mit einer Maschinenpistole und wurde erschossen. Nachbarn verhinderten, dass Carmen Castillo verblutete, riefen einen Krankenwagen. Dank dieser Solidarität überlebte sie, konnte nach Paris ins Exil.

Dreißig Jahre später kehrte Castillo als Journalistin aus Paris in die Calle Santa Fé zurück. Begleitet von einer Kamerafrau spricht sie mit den Nachbarn von damals, trifft sich mit GenossInnen der MIR, mit ihren Eltern. Behutsam nimmt sie die Fäden der Erinnerung auf, zeigt Zweifel, scheut nicht, Widersprüche zu benennen. Ihr Bruder, ebenfalls Militanter der MIR, spricht über die Einsamkeit im Untergrund, kann nicht mehr weitersprechen, als er an die von der Diktatur ermordeten, gefolterten GenossInnen denkt. Aber Kämpfen oder Leben, das ist keine Alternative – zum Leben gehört es, für bessere Lebensbedingungen für die Ausgebeuteten zu kämpfen, so der Film. Carmen Castillo ist eine sehr persönliche, bewegende Reflexion gelungen. Ihr Film erschien soeben in dem Buch „Die MIR“ im Laika Verlag (19,90 Euro). Darin finden sich außerdem ein Überblick über die MIR und lange Interviews mit Frauen aus der MIR. Das Buch wird nach dem Film vorgestellt.GASTON KIRSCHE

■ Mo, 21. 3., 19 Uhr, Metropolis, Steindamm 54