Insellösungen: Ganz sicher ohne Atomstrom

SELBSTVERSORGER Mit dem Preisverfall der Solarmodule wird die Abkopplung eines Hauses vom Stromnetz zwar attraktiver, wirtschaftlich ist sie bislang noch nicht – von abgelegenen Regionen einmal abgesehen. Doch das wird sich ändern

Solarstrom wird billiger sein als der Strom aus der Steckdose

VON BERNWARD JANZING

Vielleicht findet die Fotovoltaik eines Tages zurück zu ihren historischen Wurzeln. Im sogenannten Inselbetrieb, also ohne Netzanschluss, hatte die Solarstromerzeugung auf den Dächern in den achtziger Jahren begonnen. Dies geschah häufig aus der Not heraus, weil viele der örtlichen Strommonopolisten die Abnahme des Sonnenstroms verweigerten. Erst das Stromeinspeisungsgesetz 1991 brachte den Netzanschluss zum Durchbruch. Doch ist heute die Netzkopplung noch immer das Mittel der Wahl, nachdem ein enormer Preisverfall des Solarstroms und steigende Strompreise den Eigenverbrauch immer attraktiver machen? Der Preisrückgang der Solartechnik jedenfalls ist beachtlich.

Aktuell kostet eine typische Dachanlage nach Erhebungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft pro installiertem Kilowatt nur noch 2.546 Euro. Damit hat sich der Preis seit 2006 halbiert. Im Vergleich zum Jahr 1999, also vor Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, ist der Preis sogar um 65 Prozent gefallen.

Parallel verhalten sich die Kosten der erzeugten Kilowattstunde, sie sind inzwischen bei rund 30 Cent angekommen. Und alles deutet darauf hin, dass sich der Preisrückgang fortsetzen wird. Im Jahr 2012 wird die Kilowattstunde vom privaten Dach das Niveau des Strompreises für Haushaltskunden – derzeit rund 24 Cent – erreichen. Und 2013 wird der Solarstrom billiger sein als der Strom aus der Steckdose. Dann ist der Eigenverbrauch völlig ohne Förderung wirtschaftlich.

Im ersten Schritt werden Anlagenbetreiber dann tagsüber wenn möglich ihren Solarstrom selbst nutzen, statt – wie heute zumeist üblich – den gesamten Strom einzuspeisen. Überschüsse werden sie weiterhin einspeisen, und bei Bedarf werden sie Strom aus dem Netz beziehen. Je weiter die Schere zwischen Netzstrom und Solarenergie jedoch auseinandergeht, umso mehr wird es sich anbieten, überschüssigen Strom vom Tag für den eigenen Eigenverbrauch zu speichern. Da zugleich die Batterietechnik Fortschritte macht, stellt sich also die Frage, ob man sich nicht ganz vom Netz des Versorgers abhängen will. „Gegenwärtig ist das ökonomisch noch nicht sinnvoll“, sagt David Wedepohl vom Bundesverband Solarwirtschaft. Vor allen Dingen auch, weil eine durchschnittliche private Fotovoltaikanlage mehr Strom erzeugt, als ein Durchschnittshaushalt braucht. „Also stellt sich die Frage, was man macht, wenn der Speicher voll ist“, sagt Wedepohl. Da mittags der Strombedarf im Land am höchsten ist, sei es sinnvoll, diesen überschüssigen Solarstrom dem Netz zur Verfügung zu stellen, statt ihn ungenutzt zu lassen.

Auch Ralf Haselhuhn von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) hält die Netzautarkie im Moment noch nicht für sinnvoll. Dabei stellt er folgende Berechnung auf: Legt man die Kosten eines Stromspeichers auf die verbrauchte Kilowattstunde um, schlägt der Speicher mit 11 bis 14 Cent zu Buche. Hinzu kommen die Kosten für die Erzeugung des Stroms: „Damit kostet die Kilowattstunde Solarstrom aus dem Speicher aktuell rund 43 Cent“, sagt Haselhuhn. Im Vergleich dazu ist der Netzstrom noch deutlich günstiger.

Ähnlich sieht es Speicherexperte Dirk Uwe Sauer, Professor für elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen: „Um eine vollständige Autarkie zu erreichen, müsste entweder der Stromerzeuger stark überdimensioniert sein oder die Batterie sehr groß. Beides führt dazu, dass die Lösung nicht wirtschaftlich darstellbar ist.“

DGS-Experte Haselhuhn räumt aber ein, dass durch einen weiteren Preisverfall bei den Solarsystemen und durch weitere Fortschritte bei den Batterien sich die Sache in drei bis fünf Jahren ändern könnte. Den großen Trend zur Abkopplung erwartet er aber auch dann nicht. Denn auch aus technischen Gründen sei eine Netzkopplung sinnvoll, zum Beispiel weil die Frequenz dann besser zu halten ist und auch die Spannung stabiler ist. Querdenker, die sich aus grundsätzlichem Autarkiebestreben heraus vom allgemeinen Netz abhängen wollen, werde es zweifellos geben. Die gibt es zwar vereinzelt heute schon, doch bislang tun sie es aller ökonomischen Gegenargumente zum Trotz.

Dort, wo das Netz fern ist und ein Anschluss teuer – etwa in den Bergen –, sind Inselanlagen hingegen längst verbreitet. Ergänzt werden kann die Fotovoltaikanlage dann durch ein Kleinwindrad, was sinnvoll ist, weil Sonne und Wind häufig gegenläufig auftreten: Sonnige Monate sind oft windarm und umgekehrt. Dennoch sind Kleinwindräder heikel, wenn es um die Erzeugung von netzkompatiblem Wechselstrom geht; aufgrund der stärker fluktuierenden Leistung sind die Anforderungen an den Wechselrichter sehr hoch. Aus diesem Grund müssen Windrad und Wechselrichter aufeinander abgestimmt sein, was am ehesten gewährleistet ist, wenn sie im Paket angeboten werden.

Einen Vorteil haben Selbstversorger auf jeden Fall: Sie können sicher sein, dass der Strom aus ihrer Steckdose nicht in einem AKW erzeugt wurde.

Weitere Informationen: www.wind-energie.de www.wind-mobil.de www.kleinwindanlagen.de www.solarwirtschaft.de