Lizenz zum Abzocken

Duisburgs neues Casino alarmiert Suchtberater: Europas modernster Glücksspieltempel fördere die Spielsucht. Stimmt nicht, sagt der Betreiber – mit den Einnahmen werde Gemeinnütziges unterstützt

VON ANDREAS WYPUTTA

Deutschlands größter Casinobetreiber, die landeseigene Westspiel-Gruppe, rüstet auf: Mitten in Duisburg eröffnet das Unternehmen heute ein neues Spielcasino. An „28 Spieltischen und 325 Automaten“ verspricht Westspiel „internationales Flair“, rechnet allein für 2007 mit über 700.000 Besuchern – und beunruhigt Suchtberater. „Damit werden mehr Menschen in die Glücksspielsucht geführt“, sagt der Psychologe Detlev Bachmann, Leiter der Sucht-Fachambulanz in der Duisburger Ambulanz Klinik St. Camillus.

„Neue Casinos schaffen langfristig neue Suchtkranke“, sagt auch Ilona Füchtenschnieder, Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht. Spielsucht könne Menschen ruinieren und in die Kriminalität treiben. „Es gibt Fälle wie den spielsüchtigen Anwalt, der seine Kanzlei ordentlich führte – und Banken überfiel, um seine Sucht zu finanzieren“, sagt die Pädagogin Füchtenschnieder.

Dennoch mangele es auch in den vom Land kontrollierten Westspiel-Casinos Aachen, Dortmund, Bad Oeynhausen und Duisburg an Spielerschutz: Während sich Süchtige für das so genannte „große“ Spiel etwa am Roulettetisch sperren lassen können, gebe es für den schnell wachsenden Automatenbereich noch immer keine Personalkontrollen, so Füchtenschnieder. Doch genau die Automaten, an denen Zocker schnell ein Monatsgehalt verspielen können, bewirbt Westspiel aggressiv. „In ‚Duisburgs Las Vegas‘ locken 325 brandneue Slot Machines wie Game of Life, King Kong Cash, Fort Knox, Bingo und Keno für Nervenkitzel“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Telefonische Anfragen zum Spielerschutz dagegen blockt Westspiel ab – die beantworte das Unternehmen grundsätzlich nur schriftlich, so eine Sprecherin.

Suchtberater hoffen deshalb auf die Landesregierung. Zwar profitiert NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) massiv von der gesetzlich vorgegebenen Spielbankabgabe. 148 Millionen Euro, das sind 80 Prozent der Gesamteinnahmen, schüttete Westspiel allein 2005 an öffentliche Kassen und gemeinnützige Organisationen wieder aus – und davon gingen 68 Prozent an das Land. Künftig werde aber ein „umfassender Spielerschutz“ gelten, so Nordrhein-Westfalens stellvertretender Regierungssprecher Holger Schlienkamp zur taz. Der Hintergrund: In einem Urteil von vergangenen Herbst hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass das staatliche Glücksspielmonopol nur haltbar sei, wenn die Suchtprävention im Vordergrund stehe.

Doch wie diese Prävention in den Westspiel-Casinos umgesetzt wird, ob Personalkontrollen auch für das „kleine“ Automatenspiel gelten werden, ist noch unklar. „Der neue Glücksspielstaatsvertrag der Länder ist auf dem Weg,“ sagt Regierungssprecher Schlienkamp. „Er muss aber noch von den Landtagen beraten und beschlossen werden.“