Frieden im Südsudan in Gefahr

Krise nach Kämpfen zwischen Südsudans Rebellen und Sudans Regierung

BERLIN taz ■ Es waren die schwersten Kämpfe zwischen Sudans Armee und den ehemaligen Rebellen des Südsudan seit Abschluss des historischen Südsudan-Friedensvertrags vor fast zwei Jahren. 34 Regierungssoldaten und eine unbekannte, vermutlich viel höhere Anzahl von Zivilisten sowie eine Reihe von Rebellenkämpfern starben in der Stadt Malakal am Nil, wo Regierungstruppen und Kämpfer der Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Befreiungsarmee) sich seit Wochenbeginn heftige Gefechte lieferten. Ein SPLA-Sprecher sprach von „hunderten Toten“. Am Donnerstag beruhigte sich die Lage. Gestern meldeten unabhängige Beobachter andauernde Spannungen, nachdem einer der Protagonisten sich angeblich in die lokale Basis der UN-Mission im Sudan (Unmis) geflüchtet hatte.

Auslöser der Kämpfe war die Weigerung zweier Kommandeure lokaler, regierungstreuer Milizen, gemäß den Bestimmungen des geltenden Südsudan-Friedensvertrags ihre in Malakal basierten Kämpfer aus Südsudan abzuziehen und in Sudans Hauptstadt Khartum zwecks Integration in Sudans Regierungsstreitkräfte zu schicken. Die Milizenkommandeure Gbairl Batwic, genannt Tanginya, und Mabor Dhol, gerieten daraufhin unter Beschuss der SPLA, die in Malakal wie im gesamten Südsudan seit Anfang 2005 eine Autonomieregierung führt. Die Milizen der beiden Warlords schossen zurück, wurden dann von der SPLA zurückgedrängt und flüchteten sich in das Gelände der noch in Malakal stationierten Truppen der sudanesischen Zentralregierung. Als die SPLA sie dorthin verfolgte, griffen die Regierungstruppen ein und schossen mit schweren Waffen auf die Stadt.

Das Blutvergießen erzwang die Evakuierung von 260 UN-Mitarbeitern aus der Stadt und endete vorläufig nach UN-geführten Verhandlungen zwischen Sudans Regierung und SPLA. Der Präsident der südsudanesischen Autonomieregierung, SPLA-Führer Silva Kiir, brach eine Südafrikareise ab und kehrte nach Khartum zurück, wo er formell das Amt des Vizepräsidenten ganz Sudans einnimmt. Die 10.000 Mann starke UN-Blauhelmmission im Südsudan, an der auch 75 Beobachter der Bundeswehr teilnehmen, schickte Panzer nach Malakal, um den Ausbruch neuer Kämpfe zu verhindern.

Sudans Regierung in Khartum und die SPLA hatten Anfang 2005 ein Friedensabkommen geschlossen, das dem Südsudan unter SPLA-Führung Autonomie gewährt und die Möglichkeit einer Sezession per Referendum nach sechs Jahren eröffnet. Dies beendete einen 22-jährigen Krieg, bei dem 2 Millionen der 5 Millionen Bewohner Südsudans getötet worden sein sollen. Doch nach dem Unfalltod des historischen SPLA-Führers John Garang, der das Abkommen ausgehandelt hatte, im Juli 2005 stockte der Aufbau der Autonomieinstitutionen. Spannungen innerhalb des Südsudan nehmen seit einigen Monaten stark zu, da weite Landesteile während des Krieges nicht von der SPLA beherrscht wurden und deren Führer sich nun marginalisiert fühlen. Dies lief parallel zum Ausbruch eines neuen, nicht minder blutigen Krieges in Darfur, das zu Sudans Nordhälfte gehört.

Die abtrünnigen Warlords von Malakal gehören zur größten nicht am Friedensvertrag beteiligten Fraktion des Südsudan, der zeitweise von Khartum unterstützten SSDF (Südsudanesische Verteidigungskraft). Diese wird vom Nuer-Volk dominiert, während die SPLA vom Dinka-Volk geleitet wird; Nuer und Dinka sind historische Rivalen im Südsudan. Nach dem Friedensvertrag wurde den SSDF-Kommandeuren freigestellt, sich der SPLA im Süden oder der Zentralregierung in Khartum anzuschließen. Die Bewegung ist seitdem zerfallen, und einzelne Warlords operieren daher nun auf eigene Faust. DOMINIC JOHNSON