neues aus neuseeland: tote kinder ruinieren die statistik von ANKE RICHTER
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„Kiwi Kids are rocking, rocking“, ging eines dieser unerträglichen Kinder-Animationslieder, das mein Sohn einst aus der Grundschule mitbrachte, „Kiwi Kids are best!“ Drei Klatscher, drei Stampfer, einmal umdrehen im Diskoschritt und wieder was fürs Leben gelernt.

Selbstverständlich sind sie am besten von allen, die Gören aus dem tiefen Süden. Schließlich laufen sie der Legende nach den ganzen Tag barfuß, streicheln Schafe, haben Sonne, Strand und Berge satt und dürfen alle als Hobbits in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Filmen auftreten. Was soll da schon schiefgehen? Die Allerbesten sind sie jedoch im Bereich Statistik: Neuseelands Jüngste sprengen sämtliche Rekorde.

Wo sterben die meisten Kinder und Jugendlichen durch Unfall, Mord, Selbstmord oder Kindesmisshandlung? Bravo, Kiwi Kids, da habt ihr’s weltweit unter euresgleichen auf den ersten Platz geschafft. Die jüngste Unicef-Studie über das Wohlergehen von Kindern in reichen Ländern hat endlich den Vorhang gelüftet und die Zahlen auf den Tisch gelegt. Insgesamt schnitten dabei Großbritannien und die USA zwar am schlechtesten ab. Doch in einigen Punkten, siehe oben, hat sie der kleine Bruder am Ende der Welt klammheimlich im Schlechtsein übertrumpft.

Bekanntlich ist der Neuseeländer ja zu bescheiden, um seine Verdienste an die große Glocke zu hängen. Gewinnt er dann doch, streitet er auch noch alles ab – wie einst Sir Edmund Hillary, der als Erster den Mount Everest erklomm und danach behauptete, er sei „nur Bienenzüchter“.

Genauso kontert jetzt die neuseeländische Regierung, dass ihr Land den Pokal für die brutalste, oder besser: kürzeste Kindheit – manchmal ist ja sogar der Tod ein Segen – nicht verdient habe. Die Statistiken, auf denen die Unicef-Studie beruhe, seien schon fünf Jahre alt, und alles Elend sei längst überholt.

Da ist was dran. Dürfen Kinder, die vor so langer Zeit zu Tode geprügelt wurden, weiterhin die Bilanz versauen? Ein Kind stirbt ja nur einmal. Aus und vorbei. Außerdem sind die anderen, die überlebt haben, dadurch statistisch gesehen deutlich im Glück. Nicht zuletzt können sie sich die Spielzeuge des toten Kindes teilen. Das stimmt also alles hinten und vorne nicht. Unicef, setzen und noch mal nachrechnen!

Ebenso umstritten ist die Goldmedaille der Kiwi Kids im Ausbildungsbereich. Da nehmen sie als jüngste Schulabbrecher ebenfalls den ersten Platz unter den OECD-Staaten ein. Hurra! In den Jubel mischt sich unverhohlener Stolz: Könnte es vielleicht sein, dass das neuseeländische Schulsystem so gut ist, dass man mit 15 auch ohne Abschluss reif fürs Leben ist? Dass der IQ der kleinen Kiwis einfach alles überflügelt und die Schule weit hinter sich lässt?

Im Bereich Teenagerschwangerschaft errang Neuseeland leider nur eine Silbermedaille. Immerhin! Die Oscar-nominierte Keisha Castle-Hughes hat dieser Disziplin zu neuem Glanz verholfen, obwohl ihre frisch angebrütete Schwangerschaft mit gerade 16 von Unicef noch nicht erfasst wurde. Schade, ein Prominenter hätte sicher doppelt Punkte gebracht. Für die nächste Studie gilt daher: Nichts wie ran, Kids! Rockt die Statistik.