IRAK: DEUTSCHLAND SOLLTE SICH ENGAGIEREN, WENN DIE USA WEG SIND
: Unterstützergruppe für Iraker

Es gibt Bilder, die sich ins Bewusstsein einbrennen und stets aufs Neue Entsetzen und Scham hervorrufen. Dazu gehört für die US-Amerikaner jenes Foto des überladenen Hubschraubers, der von der amerikanischen Botschaft in Saigon aus 1975 seine panische Flucht antrat. Dies bitte nicht noch einmal – und vor allem nicht in Bagdad.

Deshalb lautet die Parole, auf die sich die Baker-Kommission angesichts des irakischen Desasters jetzt geeinigt hat: schrittweiser, geordneter Rückzug. Der Kommissionsbericht schlägt eine internationale „Unterstützungsgruppe“ vor, der neben den Anrainerstaaten Iraks, also auch Syrien und Iran, und den ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrats unter anderem Deutschland angehören soll. Bush will dieses Projekt im Rahmen der Neuformulierung seiner Irakpolitik „prüfen“.

Die Bundesregierung, vertreten durch den seit gestern in Washington gastierenden Außenminister Steinmeier, wird sicherlich den USA ihre Vermittlungsdienste für Gespräche mit Iran und Syrien anbieten. Das wäre nicht mehr als eine Hilfsaktion für die Bush-Regierung, sich von der Schurken-Staaten-Doktrin abzuseilen, also vernünftig. Wie aber soll Steinmeier reagieren, wenn den Deutschen, natürlich ganz informell, die Mitgliedschaft in einer künftigen „Unterstützergruppe“ angetragen wird?

Unterstützung wofür? Bislang galt: die Bundesrepublik wird sich für die Stabilisierung und den Wiederaufbau des Irak erst engagieren, wenn dort Frieden herrscht. Falls die „Unterstützungsgruppe“ nach dem Abzug der Amerikaner und ihrer Verbündeten ihre Arbeit aufnähme, könnte sie dazu beitragen, den Absturz der ganzen Region in kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern. Dann wäre die Teilnahme der Bundesrepublik als Unterstützer wünschenswert.

Geht es aber nur darum, die geplante Unterstützungsgruppe zum Hilfsorgan der Amerikaner beim etappenweisen Rückzug zu machen, ist ein Nein die einzige mögliche Antwort. Denn die amerikanische Rückzugsstrategie läuft nicht auf eine international abgesicherte Befriedung hinaus, sondern folgt der Parole: „Lasst Iraker gegen Iraker kämpfen!“ CHRISTIAN SEMLER