„Ich bin auch kein Kohle-Fan“

Go-In bei der swb: Umweltschützer protestieren gegen Kohlekraftwerk. swb-Chef Schoeber kündigt Investitionen in Wind- und Blockheizkraftwerke an – und verteidigt trotzdem das Kohle-Projekt

Interview Armin Simon

taz: Herr Schoeber, welche Rolle spielen Kohle, Öl und Erdgas in der Energieversorgung der Zukunft?

Willem Schoeber, Vorstandsvorsitzender der swb AG: In 100 Jahren keine große mehr.

Trotzdem wollen Sie ein 900-Megawatt-Kohlekraftwerk bauen. Wie passt das zusammen?

Wir sind eben noch nicht 100 Jahre weiter.

Schon vor 20 Jahren gab es eine Debatte um das Kohlekraftwerk in Hastedt. Die swb versprach damals, nur noch dezentrale, hocheffiziente Anlagen zu bauen. Was ist daraus geworden?

Ich bin erst seit 22 Tagen im Amt, ich weiß es nicht genau. Aber mir ist klar, dass wir noch viel mehr machen können. Wir werden erneuerbare Energien mehr fördern und auch selbst mehr Anlagen betreiben. Wir gucken bereits nach Projekten.

Wenn alle 27 geplanten neuen Kohlekraftwerke in Deutschland in Betrieb gehen, kann man alle Klimaschutzziele in die Tonne treten, heißt es.

Das kann sein – wenn dafür keine Altanlagen abgeschaltet würden. Aber das wird nicht der Fall sein. Klimaschutzziele müssen auf der wirtschaftlichen Ebene geregelt werden, mit CO2-Zertifikaten. Das ist der einzig sinnvolle Mechanismus. Wir spielen da voll mit. Wenn aber der politische Wille dafür nicht da ist, dann werden auch die Klimaschutzziele scheitern.

Dann müssen Sie aber CO 2 -Zertifikate für Ihr Kohlekraftwerk kaufen.

Wenigstens einen Teil der benötigten, ja. Damit rechnen wir.

Wie teuer müsste eine Tonne CO 2 Sie kommen, damit sich das Kohlekraftwerk nicht mehr rechnet?

Weiß ich nicht. Das hängt davon ab, ob ich das über den Strompreis zurückbekomme. Wichtig ist aber der Einfluss auf den Kraftwerkspark insgesamt: Wenn der Preis für CO2-Emissionen steigt, werden ineffiziente Altanlagen schließen, auch in Bremen. Das würde gigantische CO2-Mengen einsparen.

Ein Gaskraftwerk produziert nur halb so viel CO 2 wie ein mit Kohle betriebenes, sagt ein Gutachten des Umweltsenators.

Das ist nichts Neues, dafür braucht man kein Gutachten. Erdgas verfeuern ist wesentlich effizienter als Kohle, aus einer CO2-Perspektive. Ich bin auch kein Fan von Kohlekraftwerken. Die Frage ist aber: Gibt es genügend Gas auf dem Markt, um ein solches Kraftwerk auch zu betreiben? Wir haben das ausführlich untersucht: Das ist nicht möglich. Aus einer übergeordneten Perspektive ist es auch nicht wünschenswert: Gas ist ein hochwertiger Brennstoff, den muss man dezentral einsetzen.

Also zum Beispiel in kleinen Blockheizkraftwerken, die Wärme und Strom zugleich erzeugen, mit einem Wirkungsgrad von 90 Prozent.

Wir wären dafür. Das ist die Zukunft.

Tausende von Heizungsanlagen in Bremen müssen demnächst ersetzt werden. Warum investieren Sie nicht dort?

Wir arbeiten dran. Es gibt schon Gasturbinen, die sind so groß wie eine Schuhschachtel, die können Sie in jeden Heizungskeller einbauen. Essent, unser Hauptaktionär, probiert das in Holland gerade aus. Trotzdem bleiben Großkraftwerke notwendig. Wenn Sie im Sommer die Heizung aus haben, möchten Sie trotzdem Strom haben.

Bisher plante die Bundesregierung, Kohlekraftwerken mehr CO 2 -Zertifikate zu schenken als Gaskraftwerken. Das Umweltministerium fordert dagegen, Kohle und Gas gleich zu behandeln. Halten Sie das für sinnvoll?

Der Mechanismus ist effizienter, wenn man das brennstoffunabhängig macht. Der wirtschaftliche Effekt kann aber ziemlich dramatisch sein. Das ist letztlich eine energiepolitische Entscheidung, die die Bundesregierung treffen muss.

Welche Konsequenzen hätte das für Ihre Kraftwerkspläne?

Das kann ich noch nicht überblicken.

Sie haben den GegnerInnen des Kohlekraftwerks einen Dialog angeboten. Könnte der Ihr Vorhaben noch kippen?

Wenn da Informationen kämen, die zu neuen Entscheidungen führen würden, wären wir dafür offen. Aber ich sehe diese Informationen bisher nicht.

Viele BremerInnen wollen das Kohlekraftwerk nicht, Sie sagen, Sie haben gute Argumente dafür. Halten Sie einen Kompromiss für möglich?

Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auf etwas einlässt, was für beide Seiten akzeptabel ist. Aber ich will einer möglichen Diskussion nicht vorgreifen.