piwik no script img

Im IntertankScheißschwaben

Er kennt den Boss der Hells Angels

Da ich leidenschaftlicher Passivraucher bin, freue ich mich schon darauf, mich in der Punkkneipe Intertank mal wieder schön einqualmen zu lassen. Das Intertank ist eine Kneipe, die meine Eltern als „üble Spelunke“ bezeichnet hätten. Ich muss immer samstags aus Gründen meiner Leidenschaft für den BVB in den Intertank gehen, dessen Spiele dort gezeigt werden, und natürlich wegen des Rauchs, der meine Augen tränen lässt, was von den Menschen dort als Ausdruck meiner Freude oder Trauer über den BVB interpretiert wird.

Die Tresenkraft Udo guckt mich spöttisch an, als ich einen Apfelsaft bestelle. Das ist ein Ritual. „Was? Apfelsaft?“, schreit er fragend. Ich nicke. Neben mir sitzt der Stuttgarter-Kickers-Fan Joe Bauer, der zu Besuch ist und als Ex-Alkoholiker auch Apfelsaft bestellt. Udo schüttelt verständnislos den Kopf. Joe Bauer hat in Stuttgart einen eigenen Taxifahrer und schon große Reden vor großen Massen geschwungen, die gegen Stuttgart 21 sind. Er schwärmt immer noch von der magischen Nacht, als die Kickers den BVB aus dem Pokal kickten. Joe Bauer nehme ich das nicht übel, und das nicht nur, weil er den Boss der Stuttgarter Hells Angels kennt, weshalb es selbstverständlich besser ist, etwas zurückhaltend zu sein. „Dortmund isch no net durch“, sagt er. „Vier Spiele sinn schnell verlore.“ Das ist weise und wahr.

Schräg hinter uns macht man dem Phrasenmäher Thurn und Taxis Konkurrenz. „Supermario, musst ma wieder ne Bude machen … Sauber Tele, sauber … Wir verlängern den Vertrach und verkofen ihn dann für 25 Mille, wa!“ Und plötzlich: „Diese Scheißschwaben, kofen hier den Kiez auf, wa!“ Vielleicht sollte ich ihm sagen, dass Joe Bauer gute Kontakte im Milieu hat, damit er den Mund nicht so voll nimmt. Joe Bauer bleibt wie immer cool, denn cool ist sein zweiter Vorname. Er genießt das Spiel.

KLAUS BITTERMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen