Freudlos trotz Feuerwerk: Feier ohne Fidel

Kubas Staats- und Parteichef Fidel Castro blieb seiner Geburtstagsfeier fern. Sein Bruder Raúl tut so, als wäre das ganz normal, zitierte Fidel und feierte den 50. Jahrestag der Armee. Doch ohne den Comandante blieb die Feier schal

HAVANNA taz ■ Er ist nicht gekommen. Und das, obwohl so gut wie jeder Kubaner darauf gewettet hätte. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass sich Fidel Castro zum 50. Jahrestag der Landung seines Rebellenheers mit der Jacht „Granma“ an der Südostküste Kubas nicht wenigstens kurz vom Krankenlager erheben und sein Volk grüßen würde. Schließlich wurde an diesem Tag auch ganz offiziell sein 80. Geburtstag vom 13. August nachgefeiert. Man hatte gehofft, der „Comandante en Jefe“ habe sich jetzt so weit von seiner schweren Darmoperation vom 31. Juli erholt. Er hat es nicht.

Seine jüngerer Bruder Raúl (75), „übergangsweise“ Staats- und Parteichef in Kuba, nahm die Militärparade auf dem Platz der Revolution in Havanna ab. Er tat dabei so, als sei das ganz normal: Seiner stoisch abgelesenen gut 20-minütigen Rede war keine Erklärung, kein Grußwort des großen Bruders vorangestellt. Kein Wort zu seinem Gesundheitszustand – der bleibt weiterhin Staatsgeheimnis. Und nur einmal wurde Fidel zitiert – mit einem bereits 31 Jahre alten Zitat vom ersten Kongress der Kommunistischen Partei Kubas. Fidel redete damals von der Armee als „Zusammenhalts- und Einheitsfaktor des ganzen Volks“, von dem „die Macht der Werktätigen und die Existenz der Revolution“ garantiert werde. Diese Führungsrolle sei dann an die Partei weitergereicht worden, die Armee „war von diesem Moment an und für immer ihr treuester, diszipliniertester, bescheidenster und unverrückbarster Anhänger“. So weit die von Raúl zitierten Worte Fidels.

Danach gab es noch ein bisschen antiimperialistische Rhetorik, ein Lob auf das von Venezuelas Präsident Hugo Chávez angeschobene lateinamerikanische Wirtschaftsbündnis Alba, die Versicherung, dass der von den USA geführte „Krieg gegen den Terrorismus“ unweigerlich „auf eine unerbittliche und demütigende Niederlage“ hinauslaufe. Trotzdem sei man bereit, „die lang anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba am Verhandlungstisch zu lösen“. Aber natürlich nur „auf der Grundlage der Prinzipien der Gleichheit, Gegenseitigkeit, Nichteinmischung und gegenseitigen Achtung“. Unabhängig davon werde man das Volk weiterhin auf einen militärischen Konflikt vorbereiten. Dann tuckerte ein Nachbau der „Granma“ über den Platz („Wieder pflügt die ‚Granma‘ durch die Wogen der Würde“ textete dazu gestern die kubanische Parteizeitung, die auch Granma heißt), marschierten Soldaten und Milizionäre, rollten Panzer und Raketenwerfer. Hinterher kamen 300.000 Fähnchen schwingende Kubaner aus Havanna. Die merkten erst vor der Tribüne, dass da oben kein Fidel stand, und zogen nach dem gerade zwei Stunden dauernden Festakt etwas desorientiert von dannen.

In den Tagen vor der Militärparade hatte man Fidel Castro feiern lassen wie nie zuvor. Am Mittwochabend waren Zehntausende zu einem Freiluftkonzert zu Ehren des Jubilars mit der Crème der engagierten lateinamerikanischen Liedermacher zur „antiimperialistischen Tribüne“ vor der Interessensvertretung der USA gekommen. Bei einem zweitägigen Kongress zum Thema „Erinnerung und Zukunft: Kuba und Fidel“ war Prominenz aus Politik und Kultur aufgetreten: Die Präsidenten Evo Morales (Bolivien) und René Preval (Haiti), Nicaraguas gewählter Präsident Daniel Ortéga, der kolumbianische Großschriftsteller Gabriel García Márquez und der französische Schauspieler Gérard Depardieu.

Der 2. Dezember war Schlag Mitternacht mit einem großen Feuerwerk für das kranke Geburtstagskind eingeschossen worden. Nach so viel Fidel-Feiern blieb der eigentliche Festakt ohne ihn schal und leer.

TONI KEPPELER

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