Die SPD hat keine Wahl

Wowereit soll Absichten für 2016 offenlegen

VON BERT SCHULZ

Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein SPDler das Schweigen brechen würde: Nun fordert also der Kreischef von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß, als Erster öffentlich, dass Klaus Wowereit noch in diesem Jahr erklären müsse, ob er auch 2016 als Spitzenkandidat antritt. Der politisch angeschlagene Regierende Bürgermeister hat bisher stets betont, erst Ende 2015 Klartext zu reden – wenn seine Partei ihn dann noch will. Klar, dass das einigen angesichts miserabler Umfragewerte für die Partei zu spät ist: Wer, so ihre berechtigte Frage, kann den sinkenden Tanker SPD retten?

Doch die Partei hat nicht nur ein Image-, sondern vor allem ein Personalproblem. Wowereit hat keinen Kronprinzen, und gäbe es einen, so wäre Komoß’ Vorstoß nicht mehr nötig gewesen: Dann wäre Wowereit schon seit geraumer Zeit nicht mehr Regierungschef.

Hilfloser Vorstoß

Vor diesem Hintergrund wirkt Komoß’ Vorstoß hilflos: Zum einen drängt er der Partei eine Debatte auf, die sie erst vor einigen Monaten mühevoll abgewürgt hat. Kein Wunder, dass Parteichef Stöß eisern schweigt. Und zum anderen ist ein Regierungschef eben ein Regierungschef – erst recht, wenn es um einen Machtpolitiker wie Wowereit geht: Solange er nicht offiziell abtritt, tritt er immer wieder an.

Das scheint auch der einzig gangbare Ausweg zu sein: Wowereit muss die Wahl 2016 verlieren, damit er in Würde gehen und den Weg frei machen kann: für Schwarz-Grün oder eine rot-rot-grüne Koalition. Und sollte es der Regierende irgendwie schaffen, die SPD 2016 erneut zur stärksten Partei zu machen, dann wird sich im Freudentaumel keiner mehr an Komoß’ Sommerlochforderung erinnern. Obwohl die Frage in diesem Fall viel berechtigter wäre.