Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Wenn es in dieser Woche ein Paradigma aus den Berliner Spielplänen herauszulesen gäbe, dann bestünde es wohl in der Frage, was eher tödlich wirkt: Realität oder Fiktion. „Reality Kills“, behauptet das Maxim Gorki Theater, das unter dieser Überschrift seit dem Wochenende Comic-Theatertage veranstaltet. In Zeiten, in denen Kriege bequem als Medienspektakel in HD-Qualität vom Fernsehsessel aus zu verfolgen sind, auch wenn hinter den Bildern echte Menschen sterben, definiert sich für das Theater auch die Frage nach der Produktion von Bildern neu. Das Flüchtige, Subversive, Unvollkommene und spielerisch Zuspitzende des Comics mit der flüchtigen Körperlichkeit des Mediums Theater zusammenzudenken ist das Ziel des Gorki-Experiments. Unter anderem ließen sich junge DramatikerInnen von Comics der letzten 60 bis 70 Jahre über den Krieg zu Theatertexten inspirieren.

Fiction kills findet offenbar Agathe Chion, die in ihrer Produktion „Hotel Hollywood. Es gibt keine Alternative. Ewiger Ruhm oder totales Massaker!“ der Frage nachgeht, inwieweit wir angesichts des medialen Overkills eigentlich das Leben an sich bereits als Casting-Format begreifen. Chion, nicht nur Regiestudentin an der Ernst-Busch-Schule, sondern auch Regieassistentin bei Christoph Schlingensiefs letztem Projekt „Via Intolleranza II“, geht im Kontext dieser Frage ab Donnerstag im Ballhaus Ost auf Starsuche.

Donnerstag und Freitag untersucht die österreichische Performerin Vanessa Stern, die ebenfalls erste prägende Theatererfahrungen in Schlingensiefs Stab gesammelt hat, im Theaterdiscounter in ihrem Projekt „Heulen kann jede. Weibliche Komik in der Krise“ geschlechtsspezifische Zugänge zur Komik ebenso wie die Möglichkeiten komischer Interventionen von Frauen in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise.

■ „Reality Kills“. Maxim Gorki Theater, bis Samstag

■ „Hotel Hollywood“. Ballhaus Ost, ab Donnerstag

■ „Heulen kann jede“. Theaterdiscounter, Donnerstag und Freitag