Neue Proteste gegen Regierung in Damaskus

SYRIEN In Deraa im Süden des Landes gehen erneut Tausende mit dem Ruf „Revolution“ auf die Straße

DAMASKUS/BERLIN afp/taz | In Syrien sind am Montag erneut tausende Menschen aus Protest gegen die Regierung auf die Straße gegangen. In der Stadt Deraa im Süden des Landes fand nach Angaben von Augenzeugen im Anschluss an die Beerdigung eines am Sonntag durch Ordnungskräfte getöteten Demonstranten eine Massenkundgebung statt. Der Demonstrationszug führte vom Friedhof zur Al-Omari-Moschee. Die Demonstranten skandierten „Revolution, Revolution!“, sowie „Allah, Syrien, Freiheit!“.

Menschenrechtler prangerten unterdessen „willkürliche Festnahmen“ und tödliche Übergriffe bei Demonstrationen in den vergangenen Tagen an. Am Freitag seien nach einer Kundgebung nahe der Omaijaden-Moschee in Damaskus elf Menschen festgenommen worden, teilte das syrische Observatorium für Menschenrechte mit. Vor zehn Tagen seien in Duma bei Damaskus vier Schüler in Handschellen aus ihrem Klassenraum abgeführt worden, die regierungsfeindliche Parolen gesprüht hatten. Weitere 32 Festnahmen hatte es am Mittwoch in Damaskus gegeben. Die Menschenrechtsorganisation forderte die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen.

Human Rights Watch kritisierte die syrischen Behörden wegen „exzessiver Gewaltanwendung“ mit tödlichem Ausgang. In Deraa waren in den vergangenen Tagen bei regierungskritischen Demonstrationen fünf Menschen getötet worden. Ähnlich wie in anderen arabischen Staaten fordern die Demonstranten in Syrien, wo seit fast 40 Jahren ein Notstandsgesetz in Kraft ist, mehr politische Freiheiten, die Beendigung des Ausnahmezustands und Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung.

Am Sonntagabend hatten Demonstranten in Deraa mehrere Gebäude in Brand gesetzt. Darunter waren laut dem Fernsehsender al-Dschasira das Gericht, das örtliche Hauptquartier der herrschenden Baath-Partei und zwei Niederlassungen von Telekommunikationsfirmen. Eine ist im Besitz von Rami Makhlouf, dem Cousin von Präsident Baschar al-Assad. Die USA haben gegen Makhlouf Sanktionen wegen Korruption verhängt. „Sie haben die Symbole der Unterdrückung und der Korruption verbrannt,“ sagte ein Aktivist gegenüber al-Dschasira. „Die Banken in der Nähe wurden nicht angerührt,“ fügte er hinzu.

Nach Angaben von Demonstranten setzte die Polizei Tränengas und scharfe Munition ein. Sicherheitskräfte sperrten die Zufahrtsstraßen in die Stadt ab. In den Kurdenregionen im Norden des Landes wurde gestern der Neujahrstag begangen, an dem es regelmäßig zu Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften kommt.