Jahr ohne Amen

Mit „Menschen 2006“ eröffnete Johannes B. Kerner am Sonntagabend im ZDF den Jahresrückblickswahnsinn

Ein Jahr liegt in den letzten Zügen, die Luft ist raus, die Sonne sowieso, draußen ist es nur noch dunkel – und was macht Johannes B. Kerner? Er tritt nach. Zur Primetime.

„Menschen 2006“ heißt die Sendung, mit der Herr Kerner am Sonntag mal wieder den Zeremonienmeister des flimmernden Wahnsinns gegeben hat. Wer schon mal eine Kuh beim Wiederkäuen beobachtet hat, kann allenfalls erahnen, welch unappetitliche Angelegenheit das war. Zu einer Zeit, da die meisten Menschen panisch auf der Suche nach den passenden Weihnachtsgeschenken für ihre Liebsten sind und Silvesterpläne schmieden, das Jahr also in Würde hinter sich bringen wollen, kann Herr Kerner einfach keine Ruhe geben: noch mal Natascha, noch mal Stephanie, nochmal diverse andere Katastrophen – es ist ein schwacher Trost zu wissen, dass die Pampe nach dem Wiederkäuen auf Nimmerwiedersehen im Magen der Kuh verschwindet. Denn Herr Kerner tut’s nicht, er denkt gar nicht daran, mal zu Hause zu bleiben bei der Frau mit den Geflügelaufschnitt-Stullen!

Stattdessen moderierte er nicht nur, sondern sprach auch jeden (!) Beitrag selbst, klimperte mit Lang Lang vierhändig „Ein Männlein steht im Walde“, plauderte mit den üblichen Verdächtigen über das „Sommermärchen“ und kommentierte die Snowboarding-Künste von Cordula Stratmann und Georg Hackl. Letzterem dankte er zum Abschied noch für seine Karriere als bayerisches Urviech Hackl-Schorsch, das nebenbei auch noch ein sehr erfolgreicher Rennrodler war.

Doch das war erst der Anfang der Jahresverstümmelung: Nächsten Sonntag begrüßt Günther Jauch bei RTL Jens Lehmann, Tokio Hotel, Hape Kerkeling und Xavier Naidoo zu „2006! Menschen, Bilder, Emotionen“. Der „ARD-Jahresrückblick 2006“ am 18. 12. gibt sich pilawalos seriös. Tom Buhrow und Gerhard Delling moderieren. Eingeladen haben sie unter anderem: Orhan Pamuk, Hartmut Mehdorn und Angela Merkel. DAVID DENK