„Genießt dieses Spiel!“

Der VfL Gummersbach lässt sich vom Lärm der gegnerischen Fans nicht beeindrucken und erreicht im Hinspiel des Viertelfinales der Handball-Champions-League ein 36:36 bei CBM Valladolid

AUS VALLADOLID ERIK EGGERS

Mehr als eine halbe Stunde war bereits vergangen nach dem Schlusspfiff. In der „Polideportivo Huerta del Rey“ in Valladolid erklangen immer noch die lautstarken Gesänge der einheimischen Handballfans. Ein Nachklang, den Gudjon Valur Sigurdsson als würdig empfand. „Die Kulisse war einmalig“, so der isländische Kapitän des VfL Gummersbach über die dichte Atmosphäre in der engen Halle, in der 3.600 Zuschauer einen Heidenlärm veranstaltet hatten. „Schon beim Einlaufen habe ich meinen Kollegen gesagt: Genießt einfach dieses Spiel und diese Atmosphäre“, erzählte Sigurdsson. Und wirklich ließen sich die Profis des Rekordmeisters nicht aus der Ruhe bringen durch das Getöse und Lärmen. Am Ende hatten sie nach guter Leistung ein 36:36 (16:19) erreicht. Damit verschaffte sich der VfL, den 70 Fans aus dem Oberbergischen begleiteten, eine exzellente Ausgangsposition für das Rückspiel im Viertelfinale der Champions League.

„Jetzt müssen wir auch das Halbfinale erreichen“, forderte Sigurdsson. Valladolids Trainer Juan Carlos Pastor sieht aber weiterhin gute Chancen für seine Mannschaft: „Wie Gummersbach auch spielen wir auswärts genauso stark wie zu Hause.“ VfL-Coach Alfred Gislason freute sich über „ein sehr gutes Ergebnis“. Der 47-jährige Isländer, der bereits 2002 die Königsklasse mit dem SC Magdeburg gewinnen konnte, hatte die teils eklatanten Mängel in der Defensive freilich nicht übersehen. Speziell der bullige Mittelmann Rodriguez hatte das Zentrum der 6:0-Abwehrformation um Ilic und Jakobsson in arge Probleme gestürzt. „Das war in der ersten Halbzeit keine Deckung, das war nur Show“, konstatierte Gislason. „Wir haben teilweise zu naiv gedeckt“, übte auch der erneut überragende VfL-Regisseur Daniel Narcisse Selbstkritik, da die beiden gegnerischen Halbspieler Alen Muratovic und Eric Gull (insgesamt 17 Tore) teils warfen, wie sie wollten.

Die Reaktion auf den 16:19-Rückstand zur Pause jedoch sprach für den Kampfgeist der Mannschaft: Innerhalb von nur 3 Minuten hatten Gunnarsson, Zrnic und Sigurdsson ausgeglichen. Nun entwickelte sich ein großartiges Handballspiel mit allen nötigen Zutaten. Während Valladolid vor allem im Kleingruppenspiel zu Torerfolgen kam, hier speziell über Rodriguez und die Kreisläufer, nutzte der VfL seinen Variantenreichtum – aber auch die Fähigkeiten seiner großen Individualisten. In Minute 48 überlistete Olympiasieger Zrnic den herausgelaufenen Torwart Sierra mit einem Wurf aus über 30 Metern und traf zum 28:30. Nach dem postwendenden Ausgleich schien Gummersbach nach dem 33:35 durch Zrnic (55.) erneut auf der Siegerstraße. Angetrieben vom lautstarken, fanatischen, aber nie unfairen Publikum, kämpften sich die Zentralspanier noch einmal zurück, insbesondere Muratovic demonstrierte mehrfach seine Qualitäten. Auf der Gummersbacher Seite überraschte Neuzugang Aleksander Stanojevic, der Alvanos auf der halbrechten Position mehr als nur ergänzte und drei wichtige Tore warf. „Er hat sehr gute Dinge gemacht und in schwierigen Situationen die Ruhe bewahrt“, lobte sein Trainer den Serben.

In der Schlussminute war sogar wieder die Siegchance da, als Alavanos Sigurdsson freispielte, doch die Schiedsrichter, die Gummersbach insgesamt neun Zeitstrafen aufbrummten und den isländischen Abwehrchef Sverre Jakobsson mit Rot vom Platz gestellt hatten (41.), pfiffen Stürmerfoul. Aber das war nicht mehr als ein Schönheitsfehler, insgesamt hatte der Ausflug nach Zentralspanien Mut gemacht für das Rückspiel am Sonntag in der Kölnarena.