Sonntags sollst du ruhn

„Kein Marktpotenzial“: Springer hat die Sonntags-Ausgabe des „Hamburger Abendblatts“ eingestellt

Zum Schluss wurde sogar nochmal die Konkurrenz zitiert: Ausgerechnet aus einem Gastbeitrag in der Hamburger Morgenpost am Sonntag (Mops) stammen die Sätze von Ärztefunktionär Frank Ulrich Montgomery, die es in ein Stück über den Stand der Nichtraucherschutzdebatte in der gestrigen Sonntagsausgabe von Springers Hamburger Abendblatt geschafft haben. Es ist die letzte geworden.

Denn gleich neben dem Artikel zum „Riesenschritt Rauchverbot“ wendet sich Chefredakteur Menso Heyl an die Leserinnen und Leser. Und lässt sie teilhaben an der Zuschrift jener „langjährigen Abonnentin“, die die Sonntagsausgabe „einfach genial“ findet. Und schreibt, warum es ihm da noch viel schwerer falle, den Abendblatt-Sonntagsausflug für beendet zu erklären. Man müsse sich „den manchmal harten Gesetzen der Zeitungsbranche beugen“, so Heyl. Und die legten „an den Erfolg eines Produkts vor allem wirtschaftliche Maßstäbe“. Zuletzt 44.000 regelmäßige Käufer reichten bei weitem nicht aus, um den Titel nach Springer-Maßstäben rentabel zu machen.

Nun war die ganze Unternehmung ja aber auch von Anfang an kaum ein durchdachtes Manöver, sondern zuallererst – eine Abwehrmaßnahme. Gegen die Morgenpost, die mit ihrer neuen Sonntagsausgabe ohnehin eher auf die Bild am Sonntag zielte.

Offenbar sieht man das nun auch beim Hamburger Abendblatt so: Es habe sich schlicht herausgestellt, heißt es in Hamburger Medienkreisen, dass die Boulevard-Mops nicht den eigenen Abendblatt-Markt gefährde. Und so kann sich der Schwung Volontäre, die das Sonntags-Abendblatt fast allein zu stemmen hatten, fortan wieder den sechs Wochentagsausgaben der Regionalzeitung widmen.

Der Mops indes – der freudig (?) mehrarbeitenden Belegschaft und Synergien mit dem Schwesterblatt Berliner Kurier sei Dank – reicht ein Absatz von knapp 40.000 Stück: Die verkaufte Auflage bezifferte Geschäftsführer Frank Willers jüngst auf 33.000, mit weiteren „Sonderaktionen“ würden aktuell insgesamt 39.000 Mopse abgesetzt. Unter der Woche verkauft sich die Morgenpost knapp 115.000-mal. Man habe aber nicht die Absicht, das Projekt wieder aufzugeben: „Wir wollen unsere Stammleser auch sonntags bedienen“, sagte Willers der dpa.

Vielleicht zeigt sich hier, am ach so begehrten Hamburger Markt aber auch nur, wie schwer ausgerechnet am Sonntag ein neuer Titel zu etablieren ist: Andernorts – bei der Süddeutschen oder der Berliner Zeitung – kommen entsprechende Vorhaben ja auch partout nicht aus der Kalkulationasphase heraus. Sofern sie nicht gleich ganz in der Schublade verschwinden.

ALEXANDER DIEHL
, HAMBURG