Grüne Führungsriege in Frage gestellt

Das Spitzenquartett tauge nicht für die nächste Bundestagswahl, murmelt man bei den Grünen. Während die Umweltpolitiker Loske und Trittin beim Parteitag die besten Ergebnisse bekamen, stehen die Vorsitzenden Bütikofer und Roth unter Druck

VON HANNES KOCH

Einen Tag nach dem Parteitag haben halbprominente Grüne ihrer Partei eine Führungsdebatte beschert. Oswald Metzger, Landtagsabgeordneter in Stuttgart, und Krista Sager, ehemalige Fraktionschefin im Bundestag, stellen das Führungsquartett der Grünen in Frage.

Dieses besteht aus Reinhard Bütikofer und Claudia Roth, die die Partei leiten, sowie Renate Künast und Fritz Kuhn als Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Bei den Wahlen für die Parteigremien hatten Bütikofer, Roth und Kuhn am Wochenende magere Ergebnisse eingefahren. Künast dagegen durfte zufrieden sein.

Mit einem solchen Quartett könnten die Grünen unmöglich in die Bundestagswahl 2009 ziehen, sagte Oswald Metzger. Er brachte Fritz Kuhn als alleinige Führungsperson für die Fraktion ins Gespräch. Sager sprach sich für Renate Künast und den ehemaligen Umweltminister Jürgen Trittin als Spitzenkandidaten für das Jahr 2009 aus.

Parteichef Bütikofer nahm die Debatte gestern gelassen. „Ein Dämpfer ist ein Dämpfer“, räumte er ein. Trotzdem sei die Spitze „gestärkt“ vom Parteitag in Köln nach Hause gefahren. Die Delegierten hatten die Linie des Bundesvorstands in der Klima-, Sozial- und Afghanistanpolitik im Wesentlichen bestätigt.

Für Claudia Roth hatten beim Parteitag 66,5 Prozent der Delegierten gestimmt. 2004 waren es 78 Prozent gewesen. Bütikofer erhielt 72 Prozent, gegenüber 85 Prozent vor zwei Jahren. Die Zustimmung war unter anderem deshalb begrenzt, weil Roth und Bütikofer ihrer Partei ein neues Logo geben wollten, das den Delegierten mehrheitlich missfiel.

Bei den Wahlen zum Parteirat schaffte Fritz Kuhn 62 Prozent. Auch dieses Ergebnis wurde allgemein als nicht berauschend eingestuft. 2004 freilich hatte Kuhn noch weniger bekommen, nämlich nur 55 Prozent. Gemessen an ihren Wahlergebnissen waren die Umweltpolitiker Reinhard Loske und Jürgen Trittin die Stars des Parteitags. Loske hatte bei der Wahl zum Parteirat 74 Prozent der Delegierten hinter sich. Loske war im vergangenen März wegen eines Streits mit Trittin um das Atommüll-Endlager vom stellvertretenden Fraktionsvorsitz zurückgetreten. Als gefeierter Autor des grünen Leitantrags für einen konsequenten Klimaschutz ist Loske nun zurück auf der Bühne. Exminister Trittin unterstützten 73,8 Prozent der Delegierten. Er bekam eine Stimme weniger als Loske. Mit diesem Ergebnis hätte Trittin eine gute Basis, um sich als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2009 zu empfehlen – wenn er denn wollte.

Ein gewisses Unwohlsein angesichts des Führungsquartetts ist kein neues Phänomen. Seit Joschka Fischer sich aus seiner Rolle als grüner Direktor verabschiedet hat, konkurrieren die potenziellen Nachfolger. Die Chancen, die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt in diesem Spiel hat, sanken am Wochenende massiv: Sie wurde nicht in den Parteirat gewählt. Anders als eine bislang unbekannte Jung-Grüne: Die 27-jährige Julia Seeliger nahm die Hürde im ersten Anlauf.