Die libanesische Krise in Händen der Diplomaten

Außenminister Steinmeier fordert von Syrien, mäßigend auf die Hisbollah zu wirken. Unterstützung für Libanons Premier Siniora

KAIRO taz ■ Der Weg zur Lösung der libanesischen Krise führt über Damaskus, zumindest für Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Der hatte gestern seine fünftägige Nahostreise in der syrischen Hauptstadt mit einem Treffen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad abgeschlossen. Steinmeier hatte den syrischen Staatschef in einer rund zweistündigen Unterredung aufgefordert, mäßigend auf die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon einzuwirken, hieß es aus Delegationskreisen. Das Gespräch sei offen und direkt gewesen.

Der syrische Außenminister Walid Muallem hatte das Thema des syrischen Einflusses zunächst nach einem Treffen mit Steinmeier ignoriert. Die Lage müsse angemessen und die Spaltung im Libanon überwunden sein. Es sei Sache des Libanon, diese Voraussetzungen zu schaffen, sagte er. „Nach dem Krieg im Libanon gibt es ein günstiges Zeitfenster“, führte er aus: „Dieses Fenster steht im Moment offen. Ich bin überzeugt, dass Syrien, die arabische Welt und die Europäer die Chance haben, dieses Fenster zu vergrößern und die USA davon zu überzeugen, den Frieden zu einem ihrer wichtigsten außenpolitischen Ziele zu machen.“ Er forderte auch eine Wiederaufnahme der Verhandlungen um die seit 1967 von Israel besetzten Golan-Höhen.

Steinmeier hatte sich vor seiner Reise nach Syrien bei einer Visite im Libanon explizit hinter den libanesischen Premier gestellt und bekräftigt, dass die Bundesregierung der legitim gewählten Regierung Siniora beistehe. Dieser habe die Unterstützung der Mehrheit des Parlamentes und solle nicht durch Straßenproteste geschädigt werden, sagte Steinmeier in Beirut.

Ähnlich äußerte sich Steinmeiers britische Amtskollegin Margaret Beckett, die ebenfalls am vergangenen Wochenende nach Beirut gereist war, um Siniora ihre Unterstützung auszudrücken. Diese Regierung sei gewählt und habe dadurch eine von der Verfassung garantierte Autorität, erklärte sie. Vorsichtiger drückten sich die anderen arabischen Staaten aus, die sich bewusst nicht auf eine der beiden libanesischen Seiten stellen, sondern versuchen zu vermitteln.

„Unsere Aufgabe ist es, mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, um einen nationalen Konsens zu erreichen“, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga Amru Mussa, der sich ebenfalls in Beirut aufhielt. „Wir können nicht zusehen, wie die Lage weiter eskaliert. Ich bin gekommen, um alle Libanesen zu unterstützen. Ein Übereinkommen zwischen allen ist die Wurzel für die Lösung des Konfliktes“, ließ er nach einem Treffen mit Siniora verlauten. Amru Mussa war auch mit dem schiitischen Parlamentssprecher Nabih Berri zusammengetroffen, dem zugetraut wird, eine Vermittlerrolle zwischen den beiden verfeindeten libanesischen Lagern spielen zu können.

Die Liga hat inzwischen eine arabische Troika mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Tunesien und Bahrain geschaffen, die sich der Vermittlung annehmen sollen. Bei seiner gestrigen Abreise auf die Ergebnisse seiner Bemühungen angesprochen, sagte Mussa: „Wir stehen noch am Anfang, aber ich sehe einen Beginn, der hoffen lässt.“

Auch der ägyptische Präsident Hosni Mubarak drückte sich vorsichtig aus, um nicht sofort alle Türen zuzuschlagen. „Jegliche Einmischung beinhaltet das Risiko, den Libanon zu zerstören“, sagte er und schüttete dabei Wasser auf die Mühlen beider Seiten. Die libanesische Regierung wirft der Hisbollah vor, der lange Arm Syriens und Irans zu sein, während die Opposition die Regierung als „Feltman-Regierung“ bezeichnet, nach dem Namen des US-amerikanischen Botschafters in Beirut, Jeffry Feltman.

In den nächsten Wochen vor der deutschen Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Januar wird der Nahe Osten weiter ins Zentrum der deutschen Diplomatie rücken. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert ist kommenden Dienstag in Berlin angesagt: Bereits am Sonntag kommt auch der ägyptische Staatspräsident Hosni Mubarak nach Berlin, um mit Merkel über die eskalierende Lage im Nahen Osten zu sprechen. KARIM EL-GAWHARY