Die Ostseeromantik ist vorbei

Die Brücke über den Fehmarnbelt ist überflüssig, sagt das Kieler Institut für Weltwirtschaft. Eisenbahnergewerkschaft Transnet hält das Projekt für einen Jobkiller. Anfang März will Dänemark entscheiden, ob es an dem Projekt festhält

Die Wirtschaft im Norden braucht keine Fehmarnbelt-Querung. Das sagte Klaus Schrader, Globalisierungsexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in einem dpa-Gespräch. Der Handel zwischen Norddeutschland und den skandinavischen Nachbarstaaten sollte zwar „gepflegt werden“, doch die Hauptabsatzmärkte lägen in Süd- und Westeuropa. Er verstehe daher die deutsche Zurückhaltung bei den Verhandlungen mit Dänemark, bei denen es in erster Linie um staatliche Garantien geht. „Die Zeit der Ostseeromantik“, befindet Schrader, „ist ohnehin vorbei.“ Deshalb sollte unter anderem der Ausbau der Autobahn A 20 „oberste Priorität haben“. Diese Trasse wird derzeit von Lübeck nordwestlich um Hamburg und mit einem Tunnel unter der Elbe nach Stade in Nordniedersachsen geplant.

Die Eisenbahner-Gewerkschaft Transnet bekräftigte gestern ihre Kritik an der geplanten Fehmarnbelt-Querung. „Sollte das Vorhaben tatsächlich realisiert werden, wird es sich zum Jobkiller entwickeln“, warnte Vorstandsmitglied Wolfgang Zell. Mehr als 1.000 Arbeitsplätze im Ostsee-Fährverkehr seien gefährdet. „Allein bei der Reederei Scandlines in Puttgarden sind 600 Arbeitsplätze akut bedroht, hinzu kommen 300 bei Zulieferern“, rechnete Zell vor. Weitere Jobs würden im dänischen Fährhafen Rødby entfallen.

Vor einer Woche hatte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) dem Projekt ein Begräbnis zweiter Klasse in Aussicht gestellt. Danach müsste Dänemark den Löwenanteil der etwa 4,1 Milliarden Euro für die 20 Kilometer lange Brücke selbst aufbringen oder private Vorinvestitionen mit Staatsgarantien absichern. Auf wackeligen Beinen steht auch die Ko-Finanzierung durch die EU.

Ungeklärt ist zudem die Finanzierung der Verbindungen an Land. Dänemark müsste etwa 650 Millionen Euro für den Ausbau von Straßen und Schienen in Richtung Kopenhagen aufbringen. Für die Verlängerung der Autobahn A 1 bis zum Fährhafen Puttgarden sowie für den Ausbau Bahnstrecke zwischen Lübeck und Fehmarn ist auf deutscher Seite kein Geld eingeplant. Die dänische Regierung will Anfang März entscheiden, ob sie an dem Projekt festhält.

Die etwa 20 Kilometer lange doppelstöckige Straßen- und Schienen-Brücke über den Fehmarnbelt wäre zwar optisch, aber eben nicht ökonomisch imposant, urteilt Schrader: „Es ist ein Jahrhundertprojekt. Aber kein Bau ist auch keine Katastrophe.“ Sven-Michael Veit