Telekom ist schlecht aufgelegt

15.000 Mitarbeiter demonstrieren gegen Ausgliederungspläne der Telekom. Gewerkschaft warnt vor unzufriedenen Verbrauchern. Zwei Millionen Kunden haben 2006 den Anbieter gewechselt

VON HOLGER PAULER
UND MARTIN TEIGELER

Die Telekom-Mitarbeiter wählen den Notruf: Rund 15.000 Beschäftigte haben gestern nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Bonn gegen gegen Umbaupläne des Konzerns demonstriert. Bis zu 60.000 Mitarbeiter sollen laut Verdi von Kundendienst und Callcentern in die konzerneigene Gesellschaft T-Service ausgelagert werden. Allein in Nordrhein-Westfalen wären 15.000 Mitarbeiter betroffen. „Das wäre jeder dritte Arbeitsplatz“, sagt Verdi-Sekretär Otmar Dürotin.

Der Aufsichtsrat hatte am Nachmittag mit den Beratungen über die Sanierungspläne von Telekom-Chef René Obermann begonnen. Die Mitarbeiter sollen demnach statt wie bisher 34,5 Stunden, 40 oder 40,5 Stunden pro Woche arbeiten. Gleichzeitig sollen sie einen geringeren Stundenlohn erhalten. Die Mitarbeiter müssten mit Lohneinbußen in Höhe von 30 bis 50 Prozent rechnen, so Dürotin.

Ein Grund hierfür sei die schwierige Marktsituation des Konzerns. Die Telekom hat allein im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Festnetzkunden verloren. „Die Kunden sind vor allem mit dem Service unzufrieden“, sagt Dürotin. Andere Anbieter seien billiger und besser. So bieten Konkurrenten günstige Gesamtpakete für Festnetz, Mobilfunk und Internet an. Vodafone hat kürzlich eine Kooperation mit der Bochumer Immobilien-Gruppe Deutsche Annington vereinbart. Mieter und Eigentümer können bereits ab 20 Euro ein Gesamtpaket für Festnetz-Gespräche erwerben. Seit der Übernahme der 150.000 Wohnungen der Eon-Tochter Viterra besitzt die Deutsche Annington 230.000 Mietwohnungen – ein Großteil davon in NRW.

„Das Angebot wird sehr gut angenommen – vor allem im Ruhrgebiet“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Annington zur taz. Genaue Zahlen könne sie allerdings noch nicht nennen. Die Telekom als Partner sei nicht im Gespräch gewesen, zumal man mit Vodafone bereits in der Vergangenheit gut Erfahrungen gemacht habe.

Gewerkschafter machten allerdings auch die Politik für die schwierige Lage der Telekom verantwortlich. DGB-Chef und Telekom-Aufsichtsrat Michael Sommer äußerte den Verdacht, dass die Zerschlagung des Unternehmens vorbereitet werden solle. Zugleich griff er die Bundesnetzagentur an. Die Probleme der Telekom seien auch entstanden, weil sie seit über zehn Jahren „kaputtreguliert“ werde. Mit dem Telekommunikationsgesetz von 2004 trat ein neues, mit der Europäischen Union abgestimmtes System der Preisregulierung in Kraft. Danach muss die Bundesnetzagentur Entscheidungen für abgegrenzte Märkte treffen. 2005 entschied sie, dass die Telekom ihren Wettbewerbern weiterhin Zugang zu allen Kupferkabel- und Misch-Anschlüssen gewähren und die Preise hierfür genehmigen lassen muss.

Die NRW-Landesregierung wollte die neue Entwicklung beim Bonner Konzern gestern nicht kommentieren. Zunächst werde man die heutige Bekanntgabe der Sanierungspläne durch Unternehmenschef Obermann abwarten. Nicht erst seit der Ernennung von Ex-Telekom-Manager Andreas Krautscheid zum NRW-Regierungssprecher im vergangenen Jahr gilt die Beziehung zwischen Land und Konzern als eng.

So hatte CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers etwa 2006 die von der Telekom bekannt gegebene Investition in das Hochgeschwindigkeitsnetz VDSL als „Zukunftssignal“ bezeichnet. Mittlerweile tobt ein Wettbewerbsstreit mit der EU um die Zugangsrechte zu dem Breitbandnetz. Die Deutsche Telekom investiere in einem ersten Schritt drei Milliarden Euro in das moderne 50 Megabit Glasfasernetz, sagte Rüttgers damals. „Diese Investitionen sind gut für den Standort Nordrhein-Westfalen.“ Auch auf die weniger schönen Umstrukturierungspläne wird Rüttgers reagieren müssen.