Ministerin mit rhetorischem Talent

Wir werden alles versuchen, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht abgebrochen werden“, hatte Paula Lehtomäki vor einem Monat auf die Frage geantwortet, welches Projekt für die finnische EU-Ratspräsidentschaft am wichtigsten sei. Nun sieht es danach aus, als ob das tatsächlich gelingen könnte. Und da sie nach eigener Aussage „Tag und Nacht“ daran gearbeitet hatte, es zu keinem Kollaps dieser Verhandlungen kommen zu lassen, dürfte das auch das Verdienst dieser jüngsten finnischen Ministerin sein. Die 34-jährige Lehtomäki gilt als Finnlands große politische Begabung. In der tiefsten Provinz Nordostfinnlands in einer Lehrerfamilie geboren, engagierte sie sich erst in der Kommunalpolitik. Danach studierte sie Wirtschafts- und Staatswissenschaften und kam, noch bevor sie Berufserfahrungen sammeln konnte, als 27-Jährige ins Parlament. Dort entwickelte sich die verheiratete Mutter eines Kindes zu einem Allroundtalent mit Ökonomieschwerpunkt. Vor vier Jahren wurde sie von ihrer Zentrumspartei zur Vizevorsitzenden gewählt. Diese rechtsliberale Partei wurde bei den Wahlen vor drei Jahren stärkste Kraft und stellt mit Matti Vanhanen auch den Regierungschef.

Von Vanhanens kurzzeitiger Vorgängerin, Finnlands erstem weiblichen Regierungschef Anneli Jäätteenmäki, als Ministerin ihrer Regierungskanzlei ins Kabinett geholt, wurde Paula Lehtomäki unter Vanhanen außer für Außenhandel und Entwicklungspolitik auch noch für die Europapolitik zuständig.

Diese dreifache Herausforderung hat sie nach Einschätzung der meisten politischen Analytiker mit Bravour gemeistert. Selbst politische Gegner überschütten sie mit Lob. Und auch im Europaparlament, in dessen Ausschüssen sie sich vor Beginn der finnischen Ratspräsidentschaft vorgestellt und die Tagesordnung Helsinkis präsentiert hatte, hinterließ sie einen positiven Eindruck.

Wegen ihrer offenen und schlagfertigen Art, ihrem rhetorischen Talent und ihrer Kompetenz stieg sie zu einem Liebling der einheimischen Medien auf, die ihr das Etikett „Finnlands Hoffnung“ angeklebt haben. Endlich sei statt der traditionell mausgrau-hölzernen Politiker, die Finnland repräsentiert haben, ein etwas bunterer Vogel aufgetaucht, der bei internationalen Verhandlungen mit perfekten Englischkenntnissen glänzen könne.

Für einen baldigen Wechsel auf den Posten des Regierungschefs vermutlich doch noch zu jung, wird Lehtomäki für die nach den finnischen Wahlen 2007 beginnenden nächste Legislaturperiode aber schon mal als Kandidatin für das Außenamt oder Finnlands nächstes EU-Kommissionsmitglied gehandelt. REINHARD WOLFF