Ein Gott, sieben Engel

RELIGION Woran die Jesiden glauben

Schon Karl May hat von der Verfolgung der Jesiden in seinem Buch „Durchs wilde Kurdistan“ geschrieben. Die Jesiden sind eine kurdischsprachige religiöse Gemeinschaft, deren Ursprung mehr als 4.000 Jahre zurückreicht. Ihre Zahl wird auf weltweit etwa 800.000 geschätzt. Die größte Gruppe lebt im Irak, traditionelle Siedlungsgebiete gibt es auch in Syrien, Armenien, Georgien, der Türkei und dem Iran. Etwa 100.000 leben in Deutschland.

Jesiden glauben an einen Gott und sieben Engel. Im Glauben gibt es Elemente, die Bestandteilen von Christentum, Islam, Judentum und Zoroastrismus ähnlich sind. Es gibt eine Art Taufe, Männer werden beschnitten. Allerdings sei die Religion vermutlich älter als das Christentum und der Islam, heißt es vom Yezidischen Forum in Deutschland. Manche Bräuche seien vermutlich durch die geographische Nähe zu anderen Religionsgemeinschaften entstanden, inhaltlich hätten die Jesiden jedoch nichts übernommen.

Als Jeside wird man geboren, wenn beide Eltern Jesiden sind. Deshalb ist es nur erlaubt, unter Jesiden zu heiraten. Man kann nicht zu der Religion konvertieren. Daher sind Jesiden auch nicht missionarisch tätig. Sie geben ihren Glauben hauptsächlich mündlich weiter, durch Lieder und Gebete.

Beim nordirakischen Mossul liegt Lalisch, das Grab von Scheich Adi, der als Gesandter Gottes verehrt wird, seit er die Religion im zwölften Jahrhundert reformiert hat. Es ist das religiöse Zentrum der Gemeinschaft. Jeder Jeside soll mindestens einmal im Leben zum jährlichen Versammlungsfest dorthin pilgern.

Die Jesiden verehren besonders den Engel Tausi-Melek, da er an der Schöpfung der Welt aktiv beteiligt gewesen sei. Gott habe Melek als Wächter der Welt und als Vermittler zwischen sich und den Menschen eingesetzt. Er wird als Pfau dargestellt. Unter anderem im Glauben an den Engel Melek sehen radikal-islamische Fundamentalisten „Teufelsanbetung“, auf die sie die Verfolgung der Jesiden gründen.

Der jesidische Glaube kennt keine Person des Bösen. Deshalb gibt es auch keine Theorie von Paradies und Hölle. Die Jesiden glauben an eine Seelenwanderung und die Wiedergeburt. Wie das nächste Leben gestaltet ist, ist abhängig von den Taten des vorherigen Lebens. Deshalb sucht sich jeder Jeside einen „Jenseitsbruder“ oder eine „Jenseitsschwester“ aus der Gemeinschaft. Diese Wahlgeschwister übernehmen im Jenseits gegenseitig eine moralische Mitverantwortung. Der Mensch ist für die Jesiden eigenverantwortlich. Sie glauben, dass Gott dem Menschen die Möglichkeit und den nötigen Verstand gegeben hat, um den moralisch richtigen Weg zu finden.

Die jesidische Gesellschaft ist in drei Kasten unterteilt: Die Muriden und die Geistlichen, die sich in sogenannte Sheihks und Pirs gliedern. Die jeweilige Kaste wird vererbt, es ist verboten, in eine andere Kaste einzuheiraten. Die Kasten haben eine religiöse Funktion, sie sollen nach Angaben des Yezidischen Forums in Deutschland keine soziale Hierarchie darstellen.   NOK