Kontrolle für Erzieher

MACHTMISSBRAUCH

Erzieher und Sozialarbeiter sollen offensiv mit dem Thema „Machtmissbrauch“ umgehen, das fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg. Deshalb sollen Bewerber für offene Stellen in Kitas und Jugendeinrichtungen „regelhaft“ das Einverständnis geben, dass neue Arbeitgeber mit den vorherigen Arbeitgebern Kontakt zu „Fragen des Machtmissbrauchs“ aufnehmen dürfen. Ein entsprechender Vordruck wird den rund 350 Mitgliedseinrichtungen zur Verfügung gestellt.

Das Vorgehen sei arbeitsrechtlich geprüft, sagte der Kita-Fachreferent des Verbands, Martin Peters, im taz-Interview. Es ginge darum, Pädophile und andere ungeeignete Personen abzuschrecken. Auch eine Erzieherin, die von ihrer früheren Kita gekündigt wurde, weil sie so grob mit den Kindern umgeht, solle so „überlegen, ob sie bei diesem Träger richtig aufgehoben ist“.

Das Thema Machtmissbrauch ist Teil einer neuen Arbeitshilfe „Kinderschutz in Einrichtungen“, die der Dachverband in Kürze herausgibt. Dazu gehört auch, dass Kollegien sich mit Machtmissbrauch befassen und darüber verständigen, was dies ist. Für Fachreferent Peters gehören auch die gezielte Nichtbeachtung eines Kindes, raues Anpacken oder Anschreien dazu. Die Mitarbeiter sollten Fehlverhalten von Kollegen ansprechen und einer Betriebsblindheit begegnen.

Mit Gewerkschaften hatte der Verband über die Neuerung nicht gesprochen. Der Kita-Experte der Hamburger GEW, Jens Kastner, sieht die Sache kritisch. „Es ist richtig, dass die Stadt Verbände und Kita-Träger verpflichtet, Kinderschutzkonzepte zu erstellen.“ Aber hier würden Erzieher, die nur den Job wechseln wollen, unter Generalverdacht gestellt. Dabei gebe es für Bewerber sechs Monate Probezeit und anschließend meist nur einen befristeten Vertrag. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sollte besser seine Energie darauf konzentrieren, die Erzieher-Kind-Relation zu verbessern.

Sieglinde Fries von der Gewerkschaft Ver.di erklärt, sie sei in der Frage gespalten. „Wir haben uns noch keine Meinung gebildet.“ Womöglich schaffe man sich mit dem Vorgehen nur scheinbar Sicherheit. „Es müssen mehr Kollegen vor Ort sein, dann kann vieles nicht passieren.“  KAJ