„Es geht darum, Arbeitskosten zu senken“

Die Gewerkschaften werden die Ausgliederung schlucken müssen, vermutet Arbeitsrechtsanwalt Axel Görg

taz: Herr Görg, die Telekom will im großen Stil Konzernbereiche ausgliedern, ähnlich wie Airbus. Ist das jetzt Trend?

Axel Görg: Speziell für die Telekom ist es ein großes Problem, dass die Beschäftigten der anderen Wettbewerber erheblich schlechtere Arbeitsbedingungen haben. Also geht es ihr darum, die Arbeitskosten zu senken. Das ist jedoch kompliziert. Eine Möglichkeit: Die Tarifparteien schließen einfach miesere Tarifverträge für die Beschäftigten ab. Da sind jedoch erst mal die Gewerkschaften vor. Als andere Variante bietet sich an, mittels Änderungskündigungen die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse zu schlechteren Bedingungen anzubieten. Aber das ist ebenfalls ein mühseliger und unsicherer Weg. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind solche Kündigungen zum Zwecke der Lohnherabsetzung nur zulässig, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass andernfalls das Unternehmen Insolvenz anmelden muss.

Da bietet sich die Ausgliederung dann als Königsweg an?

Zumindest ist es eine gerne praktizierte Möglichkeit, Unternehmensteile in eine Tochtergesellschaft auszugliedern oder an ein anderes Unternehmen zu veräußern, um dadurch die Bindung des alten Tarifvertrages zu lösen.

Dann gibt es für den Arbeitnehmer keinen Schutz mehr vor schlechterer Bezahlung?

Es ist im Arbeitsrecht zwar grundsätzlich geregelt, dass bei einem Betriebsübergang die alten Arbeitsbedingungen auch in dem neuen Unternehmen weiter wirken müssen. Aber das gilt leider nicht, wenn in der neuen Firma andere Tarifverträge gelten.

T-Service wird neu aufgebaut. Dafür gibt es doch noch gar keinen Tarifvertrag.

Das ist ihr Problem. Wenn die Telekom jetzt eine neue GmbH gründet, dann gelten für die dorthin geschobenen Arbeitnehmer die alten Bedingungen erst einmal weiter.

Wo liegt dann der Vorteil für die Telekom?

Böse formuliert zunächst nur den, dass die Arbeitnehmer ausgegliedert sind – mit der perspektivischen Option, dieses neue Unternehmen vielleicht irgendwann in die Insolvenz gehen zu lassen. So ist es ja mit BenQ passiert. Allerdings will ich der Telekom nicht eine solche Strategie unterstellen. Ansonsten jedoch geht es der Telekom darum, Ver.di einen neuen Tarifvertrag mit verschlechterten Konditionen abzuhandeln.

Die Gewerkschaft befindet sich damit doch in einer komfortablen Situation.

Nicht ganz. Die Gewerkschaften wollen natürlich Arbeitsplätze sichern. Ende 2008 läuft jedoch der vereinbarte Kündigungsschutz bei der Telekom aus. Damit hat der Vorstand einen starken Hebel: Er kann mit massivem Arbeitsplatzabbau für die Zeit danach drohen. Ich vermute, dass sich die Gewerkschaft deshalb letztendlich gezwungen sehen wird, tendenziell verschlechterte Konditionen in den ausgegliederten Betrieben zu akzeptieren.

INTERVIEW: PASCAL BEUCKER