„Es mangelt an Führungs-Kompetenz“

Gegen die Krankenhaus-Politik des Bremer Senats gibt es viel Widerstand. Das Gesundheitsressort will diesen brechen – durch zentralistische Strukturen. Die taz hat zwei Ärzte nach dem inhaltlichen Kern der Kritik an der Krankenhausplanung befragt: den früheren Ärztlichen Direktor im Klinikum Ost, Peter Kruckenberg, und den Kardiologen am Klinikum Links der Weser, Hans-Eberhard Scherer

INTERVIEW KLAUS WOLSCHNER

taz: Herr Kruckenberg, was sollte der Bremer Senat, wenn er lernt aus dem Klinik-Desaster, jetzt machen?

Peter Kruckenberg: Er sollte vor allen Dingen eines vermeiden, nämlich einen Zentralbetrieb zu organisieren. Das würde nur Bürokratie schaffen, die Krankenhäuser lähmen, Geld kosten und hätte keinerlei Vorteile.

Die neue Staatsrätin hat vor dem Untersuchungsausschuss die Vorteile der Zentralisierung dargestellt – gemeinsamer Zentraleinkauf, eine Pathologie, Personalbinnenmarkt, gemeinsame IT …

Wir, der Arbeitskreis Sozialdemokraten im Gesundheitswesen, waren immer für die Holding. Aber eine Holdung als Organisation von vier selbständigen Krankenhäusern. Die Krankenhäuser haben als Organisationseinheiten und in der Vernetzung in der Umgebung – sie müssen wahrnehmbar sein als das Krankenhaus in einem Einzugsgebiet – die richtige Größe. Auch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit. Diese vier Krankenhäuser müssen sich mit ihrem eigenen Profil weiter entwickeln.

Und ihrer eigenen Marke?

Klar, niemand geht für Gesundheit-Nord auf die Straße, niemand sagt: Geh mal in die Klinik Gesundheit Nord, da wirst du gut behandelt. Die vier Kliniken haben die zusätzliche Möglichkeit, dass sie im Verbund ein paar Dinge zentralisieren und ihre Spezialitäten ergänzen und die Ressourcen des gesamten Verbundes nutzen können. Sicherlich Personalbinnenmarkt – das ist nicht geschickt gehandhabt worden, sonst wäre er längst da. Zentrale IT – klar, das ist sinnvoll. Schon beim Einkauf gibt es Dinge, die man flexibler braucht. Auch die zentrale Pathologie hat Vor- und Nachteile. Eine zentrale Apotheke gibt es 30 Jahre. Dafür muss man nicht die Krankenhäuser entmündigen und eine Bürokratie einführen. Das Verrückte ist, dass man in Hamburg und Berlin gesehen hat, dass die Zentralisierung schlecht ist.

Warum marschiert Bremen weiter in diese Richtung?

Manchmal ist es schwer, in den Spiegel zu schauen. Die Fehler, die gemacht wurden, waren nicht Fehler der Holdingstruktur, sondern Fehler der Führungskompetenz.

Das müssen Sie erklären.

Das begann mit dem unsinnigen Start mit dem so genannten „Strategiekonzept“. Da sollte das Klinikum Mitte überdimensioniert vergrößert werden und das Klinikum Ost hätte man abreißen können. Das hat unglaublich viel Widerstand und Verunsicherung produziert und es ist als Zielformulierung ja nie zurückgenommen worden. Am Beginn des Prozesses sind die Häuser so in eine Verteidigungshaltung gebracht worden und nicht in eine Kooperationshaltung. Was dann passiert ist, kann man nur als chaotisches Hineinregieren beschreiben. Auch von der Behörde, die eigentlich den einzelnen Krankenhäusern nach der Privatisierung nichts zu sagen hat, zum Teil mit Hilfe des Holding-Chefs Wolfgang Tissen, der ein Einkäufer ist und überhaupt keine Ahnung von operativem Krankenhausmanagement hat. Und das Ganze wurde untermauert mit repressiven Drohungen gegenüber Mitarbeitern und gegenüber Geschäftsführern, die nicht mitgespielt haben. Es war ein Chaos-Management. Dieses hat die Probleme verursacht und zwei Jahre Zeit gekostet.

Ist das auch Verantwortung des Staatsrates Arnold Knigge?

Das ist Verantwortung der ganzen Achse – Matthias Gruhl, der der einzige Fachkundige war, der aber keine Beziehung zu den Krankenhäusern hat, und Knigge und dann die Senatorin. Wir haben versucht, den Behörden zu vermitteln, dass man wie in jedem guten Management die konstruktiven Kräfte unterstützen und bündeln muss, um an den Ressourcen in den Häusern anzuknüpfen. Das wurde ständig abgelehnt mit dem Hinweis: Wir sind auf dem richtigen Wege und müssen schnell entscheiden. Die Politik, d.h. die Aufsichtsräte, brauchen eine Minimalkompetenz, um entscheiden und bewerten zu können. Das können Kommunalpolitiker nicht alleine, die brauchen sozusagen drei bis vier Weise.