Kiew bittet Westen um Militärhilfe

UKRAINE Separatisten schießen ukrainischen Kampfjet ab und kündigen eine Großoffensive an. Regierungstruppen melden Einnahme von Teilen von Lugansk. Einigung über russischen Hilfskonvoi

KIEW/BERLIN rtr/dpa/taz | Im Kampf gegen prorussische Separatisten hat der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin die EU und die Nato mit Nachdruck um militärische Hilfe gebeten. „Wenn solche Hilfe kommt, dann wäre es für unsere Truppen leichter, vor Ort zu agieren“, sagte Klimkin am Sonntag in einem Interview des Deutschlandfunks. Die Gefahr einer russischen Invasion sei allgegenwärtig, ständig würden Kämpfer und Kriegsgerät aus dem Nachbarland einsickern.

Die erneute scharfe Kritik an Moskau kam nur wenige Stunden vor Klimkins Krisentreffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow in Berlin. An dem Gespräch über Schritte zum Ende der Gewalt wollten am Sonntagabend auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der französische Ressortchef Laurent Fabius teilnehmen. Steinmeier erklärte, das Treffen in Berlin solle den „politischen Prozess“ wiederbeleben. Ziel sei ein Fahrplan „hin zu einer nachhaltigen Waffenruhe und um einen Rahmen für effektive Grenzkontrollen“.

In den ostukrainischen Separatisten-Hochburgen Donezk und Lugansk verschärften sich die Kämpfe. Die Separatisten schossen im Raum Lugansk erneut ein Militärflugzeug vom Typ Mig-29 ab. Der Pilot habe sich per Schleudersitz retten können, sagte ein Militärsprecher in Kiew. Ihm zufolge sollen in der vergangenen Nacht von russischem Territorium aus zudem drei Raketenwerfer vom Typ Grad in das von Separatisten kontrollierte Gebiet geschafft worden sein. Regierungstruppen gewannen nach eigenen Angaben die Kontrolle über eine Polizeiwache in Lugansk zurück.

Die Separatisten in der Ostukraine kündigten eine Großoffensive gegen die vorrückenden Regierungstruppen an. Dazu seien militärische Ausrüstung und neue, in Russland ausgebildete Kämpfer zur Verstärkung auf dem Weg, sagte ihr Anführer in Donezk, Alexander Sachartschenko, in einem am Samstag veröffentlichten Video. Es handele sich um 150 gepanzerte Fahrzeuge, darunter 30 Panzer, sowie 1.200 Kämpfer, die in Russland ausgebildet worden seien.

Unterdessen setzte ein Teil der 280 russischen Lastwagen mit Hilfsgütern seine Fahrt in Richtung ukrainische Grenze fort. Ein Reuters-Kameramann beobachtete, wie 16 Lkws in Kamensk-Schachtinski aufbrachen. Sie fuhren in ein russisches Busdepot am Grenzübergang. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte in Genf, russische und ukrainische Grenzschützer hätten sich auf einen Beginn der Inspektion der Ladungen verständigt. Die ukrainische Regierung hatte den Konvoi zuvor als humanitäre Hilfe anerkannt und damit prinzipiell den Weg über die Grenze freigemacht.