LESERINNENBRIEFE
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Geschenk an die Industrie

■ betr.: „Gutschein lässt Hartz-IV-Empfänger kalt“, taz vom 13. 8. 14

Die Behauptung, dass das Austauschen von Kühlgeräten sich in wenigen Jahren amortisiert, ist für mich nicht nachvollziehbar. Vor ein paar Jahren hieß es, dass sich der Austausch nach drei Jahren amortisieren würde. Nun hat man den Zeitraum weiter gefasst, ohne einen neuen konkreten Zeitraum zu nennen. Da muss es wohl Gründe geben. Das ökologische Argument ist völlig absurd, oder? Das ökologischste Handeln ist doch, die Altgeräte möglichst lange zu nutzen. Denn die Produktion neuer Kühlgeräte verbraucht sicher sehr viel mehr Strom, als man mit einem neuen Gerät einsparen kann. Wer ist der Nutznießer solcher Aktionen?

Der Atomstrom ist billig, weil die Nachfolgekosten nie eingerechnet wurden. Die Autoindustrie hatte vor ein paar Jahren durch die Abwrackprämie große Einnahmen. Muss nun die Elektroniklobby beschenkt werden? Nach den Kühlschränken die Waschmaschinen, dann die Geschirrspüler? Nicht zu vergessen die Kaffeezubereiter, Espressomaschinen, die mit Kapseln die Umwelt schädigen?

Ich suche schon lange eine/n kompetente/n Fachfrau/mann, die/der mir ausrechnen kann, wie die Ökobilanz bei unserem Verhalten ist: Wir haben im Jahr 1983 eine Kühl/Gefrierkombination für circa 750 Mark gekauft. Im Jahr 2007 mussten wir sie ersetzen durch einen Kühl/Gefrierschrank für circa 1.050 Euro. Der Stromverbrauch ist nicht zu beziffern, weil durch PC-Nutzung, elektronische Steuerung der Gasheizung und so weiter der Verbrauch sehr unterschiedlich ausfällt. Bitte erklären Sie mir nicht, dass die Altgeräte in Osteuropa oder in Afrika ihre Verwendung finden.

ESTHER ZEYMER-KRÄMER, Wanfried

Hobbyartiges Hochgefühl

■ betr.: „Autos werden langsam umweltfreundlicher“, taz vom 14. 8. 14

Sporadisch habe ich Gelegenheit, ein Elektroauto zu fahren. Das Fahren ist leichter, anspruchsloser als Autos mit Verbrennungsmotor. Die Reichweite mit 120 Kilometern im Rhein-Main-Gebiet fordert laufende Streckenplanung. Öffentlich zugängliche Anschlüsse in Dörfern und Stadtteilen würden den Aktionsradius über 50 Kilometer erweitern. Natürlich nur mit „grünem“ Strom, am besten vom eigenen Dach. Ein hobbyartiges Hochgefühl! Wer hat eine andere CO2-freie Alternative? KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

„Freizügigkeit“ in Unfreiheit

■ betr.: „Wer arbeitslos ist, der fliegt“, taz vom 13. 8. 14

In „Freizügigkeit“ steckt das Wort frei. Sie haben recht, Herr Jakob, die Menschen, die aus Südeuropa zu uns kommen, nehmen sich die Freiheit, dort zu wohnen und zu arbeiten, wo sie wollen. Doch sollte es erlaubt sein, die Frage zu stellen: Wollen sie diese Freiheit? Wenn es in Rumänien und bald auch in Spanien, Griechenland und Italien – wie Sie richtig schreiben – zu Armutsmigration kommt, hat das Wort „Freizügigkeit“ mit der Realität rein gar nichts zu tun. Die Menschen wollen nicht ihre Wohnungen, ihre Verwandten, ihre Freunde, ihr ganzes Umfeld verlassen, sie müssen es! Welch ein Versagen, der deutschen EU-Politik, den Jugendlichen in den südeuropäischen Ländern ihre Chancen auf Ausbildung, auf soziale Einbindung, auf Würde zu nehmen.

Welche Möglichkeiten haben die Länder noch zur Entwicklung – nur auf das Niveau von Deutschland –, wenn „Zehntausende fertig ausgebildete(r) Fachleute aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland kommen“? Nun bin ich wirklich kein Anhänger der Union, aber mit diesem „Denken“ verstümmeln Sie ein grandioses europäisches Erfolgsprojekt. NORBERT VOSS, Berlin

Looking what’s missing

■ betr.: „Von Schwulen lernen?“, Leserbrief vom 12. 8. 14

Zur „Beruhigung“, lieber Ulrich Lücke aus Ludwigsburg: Am 8. März, zum Frauentag, gab es seitenweise Fotos und Texte zur lesbischen Sexualität und was Heteros von Lesben lernen können. Allerdings glaube ich, dass es mit dem Abgucken oder Lernen in Bezug auf die gelebte Sexualität eine Illusion ist: Da gibt es nichts abzugucken oder zu lernen, sondern es geht um das vertraute und oft erprobte Prinzip: learning by doing, or: looking what’s missing.

URSULA WIENBERG, Markt Schwaben

Faire Berichterstattung

■ betr.: „Demo ohne Denkverbote“, taz vom 11. 8. 14

Danke an die taz für den fairen Bericht über unsere Demonstration „Berlin für Gaza“. Sie war nicht die erste Demo, bei der Deutsche, Palästinenser und Israelis zusammengekommen sind, aber ich habe nie so viele Deutsche ohne Migrationshintergrund bei einer Palästinademo gesehen. Ich hoffe, wir haben gezeigt, wir können in unserer Vielfalt auf die Straße gegen die Zerstörung von Kindergärten, Moscheen und Krankenhäusern im Gazastreifen gehen, und dass solche Proteste nichts mit Antisemitismus zu tun haben.

Auch wenn die Bombardierung aufhört, die Blockade bleibt, die das Leben für die Einwohner in Gaza fast unmöglich macht. Wir planen deswegen auch mittelfristige Events wie eine Speakers Tour mit dem Journalisten Martin Lejeune im Zeitraum September/Oktober.

Wir danken euren LeserInnen, die an unserer Demo teilgenommen haben, und hoffen, noch mehr bei weiteren Aktionen zu sehen.

PHIL BUTLAND, Berlin