Ein Schulterschluss der Gottesstaaten

Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien, zwei theokratisch regierte Führer rivalisierender Lager im Nahen Osten, nähern sich bei einem Gipfel an. Dies untergräbt die US-Strategie, eine „moderate“ Allianz gegen „Extremisten“ zu schmieden

AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY

Mit dem saudischen König Abdullah und dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmedinedschad haben sich am Samstag in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad die derzeit wichtigsten regionalen Kontrahenten des Nahen Ostens getroffen. Was bei dem Austausch offiziell herauskam, lässt ein wenig Hoffnung schöpfen. Das sunnitisch geprägte Saudi-Arabien und der von Schiiten dominierte Iran wollen sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die Gewalt zwischen den Religionsgruppen nicht vom Irak überspringt, verlautete im Anschluss an das Treffen. Ahmadinedschad hat sich nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur zudem bereit erklärt, die Bemühungen Saudi-Arabiens zur Entspannung im Libanon zu unterstützen. Beide Länder wollen auch die palästinensische Einheitsregierung zwischen Hamas und Fatah unterstützen. Von offizieller saudischer Seite hieß es, man wolle außerdem den Iran überzeugen, sein Urananreicherungsprogramm einzustellen.

Arabische Medien bezeichneten den saudisch-iranischen Gipfel als „ein Treffen von höchster Bedeutung“. Die überregionale arabische Tageszeitung al-Hayat schreibt: „Der Iran hat seine Fähigkeit für Destabilisierung unter Beweis gestellt – jetzt ist es an der Zeit, dass Teheran Fähigkeit zur Stabilisierung zeigt.“ Abdullah und Ahmedinedschad stehen jeweils an der Spitze eines Kalten Krieges, der die Region seit Monaten beherrscht. Der US-Verbündete Saudi-Arabien versucht, den wachsenden iranischen Einfluss in der Region einzudämmen. Iran ist der größte Kritiker des US-Einflusses auf die Region.

Nach seiner Rückkehr nach Teheran am Samstagabend bezeichnete Ahmedinedschad das Treffen als Erfolg. Man habe in der irakischen und palästinensischen Frage einen gemeinsamen Nenner gefunden und werde allen Verschwörungen entgegenstehen, die zu einer Spaltung der islamischen Welt führen. Das war ein direkter Hinweis auf die US-Strategie der letzten Monate, ein regionales Bündnis der „moderaten“ gegen die „extremistischen“ Kräfte zu schmieden. Nach US-Vorstellung sollen Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, die Golf-Emirate, die libanesische Regierung und die palästinensische Fatah als „moderate“ Bündnispartner Washington helfen, die „extremistischen Kräfte“ Iran, Syrien, die Hisbollah und die Hamas zu isolieren. „Wir konfigurieren unsere Zusammenarbeit mit moderaten Kräften in der Region neu, damit diese Widerstand gegen die extremistischen Kräfte des Iran und seiner Verbündeten leisten“, hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice dazu jüngst erklärt.

Auch wenn es sich bei der iranisch-saudischen Liason um alles andere als um eine Liebesbeziehung handelt – eine Kooperation kommt beiden Ländern und der gesamten Region zugute. Weder Iran noch Saudi-Arabien haben ein Interesse daran, dass die Region durch eine schiitisch-sunnitische Rivalität vollkommen außer Kontrolle gerät.

Das saudisch-iranische Gipfeltreffen gilt auch als wichtige Vorbereitung für ein Sicherheitstreffen in Sachen Irak, das am kommenden Wochenende in Bagdad stattfinden soll. Dabei wollen die USA sich erstmals mit den als „Schurkenstaaten“ charakterisierten Ländern Iran und Syrien an einen Tisch setzen. Zu der Konferenz sind neben den Nachbarländern des Irak auch die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie internationale Organisationen wie die EU und die Arabische Liga eingeladen. Unklar ist, ob es am Rande des Treffens direkte Gespräche zwischen den USA, Iran und Syrien geben wird. Saudi-Arabien könnte dabei eine wichtige Mittlerrolle spielen.

Auf welcher Ebene der Iran an der Bagdader Konferenz vertreten sein werde, sei noch nicht entschieden, erklärte Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini gestern. Syriens Vizepräsident Faruk Al-Scharaa äußerte sich unterdessen vorsichtig optimistisch. „Das Bagdader Treffen ist ein positiver Schritt, wenngleich er zu spät kommt“, sagte er.