„Es ist ein Niemandsland“

TSCHERNOBYL Podiumsdiskussion und Bilder von Strahlenopfern in der Friedenskirche

■ 64, ist Fotograf aus Worpswede. Seit 2003 reist er regelmäßig nach Tschernobyl, wo er den weißrussischen Kollegen Anatol Kliashchuck kennenlernte.

taz: Herr Lubricht, Sie kommen gerade zurück aus der Region Tschernobyl. Wie sieht es da aus?

Rüdiger Lubricht: Es ist ein Niemandsland. Die Sperrgebiete werden bewacht, damit dort niemand reinkann oder etwas von drinnen nach draußen gelangt. Ansonsten gibt es in der Gegend kaum Menschen.

Was heißt das?

Nach dem Super-GAU wurden 400 weißrussische und 100 ukrainische Dörfer und Städte evakuiert. Viele davon sind seitdem leer und verfallen. Andere gibt es nicht mehr.

Gibt es nicht mehr?

Ja, dort hat die Regierung große Kuhlen graben lassen und ganze Städte darin beerdigt – also die Gebäude. Heute stehen dort Gedenktafeln mit Informationen über die Stadt, wie zum Beispiel deren einstige Einwohnerzahl.

Sie waren in dem Gebiet unterwegs, als Sie die Nachricht von Fukushima erreichte. Was haben Sie gedacht?

Ich war schockiert! Ich sehe meine Bilder allerdings als Beitrag gegen das Vergessen und verfolge einen dokumentarischen und keinen politischen Ansatz.

Sie haben vor Jahren in Tschernobyl einen weißrussischen Fotografen kennengelernt, Anatol Kliashchuck.

Ja. Er hat über Jahre hinweg die Einzelschicksale weißrussischer Kinder und Familien aus dem belasteten Gebiet rund um Tschernobyl dokumentiert.

30 seiner Schwarzweiß-Bilder sind ab heute in Bremen zu sehen. Sie sprechen zur Eröffnung. Was erwartet Besucher?

Eindrucksvolle und bewegende Bilder von Kindern und Familien, die aufgrund der Strahlung krank geworden sind. Viele von ihnen hat Kliashchuck bis zu ihrem Tode begleitet, andere leben noch. INT.: WJ

„Laufzeit Tschernobyl“, Friedenskirche, Humboldtstr. 175, bis 26. April, Di – Do 15 – 19 Uhr, Eintritt frei. Podiumsdiskussion heute, 19.30 Uhr, mit Herbert Brückner und Rüdiger Lubricht