Deutsche Muslime bald mit einer Stimme

Die muslimischen Organisationen wollen sich noch in diesem Jahr zu einer gemeinsamen Interessenvertretung zusammenschließen. Dies wurde in der Vergangenheit immer wieder gefordert – etwa von Innenminister Wolfgang Schäuble

AUS BERLIN CIGDEM AKYOL

„Wir sind entschlossen, als Vertreter aller Muslime in Deutschland aufzutreten“, sagt Bekir Alboga von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib). Er rechnet mit einem Zusammenschluss noch 2007. Die islamischen Verbände seien dabei, sich über Strukturen und Inhalte des Vereins zu einigen. „Der Koordinierungsrat der Muslime erstellt derzeit eine Geschäftsordnung und Satzung“, erklärt Alboga.

Zum Koordinierungsrat gehören neben der Ditib auch der Zentralrat der Muslime (ZMD), der Islamrat (IR) und der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) in Deutschland. Jede dieser Organisationen steht für eine andere Ausprägung des islamische Glaubens. Sie alle vereinen jeweils nur einen Bruchteil der 3,5 Millionen in Deutschland lebenden Muslime. Deswegen ist ein Zusammenschluss auch dringend nötig. Denn die Muslime in Deutschland sind nicht einheitlich organisiert, die eine Stimme des Islams gibt es bisher nicht.

Spätestens bei der von Innenminister Wolfgang Schäuble initiierten Islamkonferenz im vergangenen Herbst wurde klar: Es gibt zwar eine Reihe von muslimischen Organisationen, aber keine von ihnen kann für sich beanspruchen, für alle zu sprechen. Ein Zustand, den Schäuble kritisierte. Er wünscht sich einen repräsentativen Ansprechpartner. „Die Muslime wollen vom Staat gleichberechtigt behandelt werden, so wie die christlichen Kirchen. Dann müssen sie aber auch die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen.“ Der Minister steht mit seiner Forderung nicht alleine da. Auch Theologen und Integrationsexperten halten ein organisiertes Gespräch nach den gescheiterten Kofferbombenanschlägen und verfehlten Papstreden für dringend nötig. Außerdem ist der Islam nach der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche mittlerweile die größte Religionsgemeinschaft in Deutschland. Rückendeckung bekommt Schäuble etwa von Volker Beck, dem menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen. „Wir wollen eine Gleichstellung von Christentum, Judentum und Islam. Ein Zusammenschluss der islamischen Spitzenverbände könnte ein erster und wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung sein“, so Beck.

Allerdings sind organisatorische Fragen bisher nicht entschieden: Noch ist unklar, wie der Vorstand besetzt werden soll – paritätisch nach Organisationen oder gemäß der Mitgliederzahl. Auch ein Name steht noch nicht fest: Möglich sei, dass man sich weiter Koordinierungsrat oder aber Kooperationsrat nenne oder einen ganz anderen Namen wähle, sagte Seyfi Ögütlü vom VIKZ der taz. Der Koordinierungsrat arbeite schnell und vor allem harmonisch, um einen Ansprechpartner für die Muslime zu ernennen.

Doch ob der geplante Verband wirklich die Unterstützung aller in Deutschland lebenden Muslime bekommen wird, ist fraglich. Die Strömungen innerhalb des Islam sind zu verschieden.

So erklärte Ali Toprak von der Alevitischen Gemeinde, dass er überhaupt nicht um eine Zusammenarbeit im Kooperationsrat gebeten wurde. Die Aleviten bilden in der Türkei nach den sunnitischen Muslimen die zweitgrößte Religionsgruppe. Eine Zusammenarbeit mit den anderen muslimischen Verbandsvertretern lehnt Toprak ab: „Wir haben einfach eine andere Auslegung religiöser Vorgaben.“