Nachwuchspolitiker

PELZ Henrico Frank war Deutschlands bekanntester Rasierter. Jetzt ist er erfolgreich – und trägt Bart

So richtig nachhaltig ist die Styleberatung von Kurt Beck nicht gewesen. Keine fünf Jahre ist es her, dass der rheinland-pfälzische Landesvater bei einer Stipvisite auf dem Wiesbadener Sternschnuppenmarkt in Henrico Frank rannte und ihm den freundlichen Tipp gab, dass er rasiert bestimmt einen Job finden würde. Womit er recht behielt – kurz später geisterten Fotos vom blankgeschabten Ex-Hartz-IV-Empfänger Frank an seinem neuen Arbeitsplatz, einem Musiksender, durch die Boulevardpresse.

Der wahrscheinlich einzige Grund, dass dieses Politainment-Geschichtchen länger im Gedächtnis haften geblieben ist, als das Züchten eines gescheiten Dreitagebartes dauert, ist wohl der, dass ein Mann von so erlesener Stieseligkeit wie Kurt Beck einen Punk in Gesichtsfrisurfragen berät. Vor allem, weil Beck selbst einen Mecki-Schnitt trägt, der aussieht, als sei er ihm übers Kinn gewachsen.

Henrico Frank hat diese landesväterliche Standpauke und ihre Folgen aber immerhin ziemlich nachhaltig beeindruckt. So nachhaltig, dass er sich jetzt, wo er seine Politkarriere anwirft, einen ganz ähnlichen Vollbartwirsing im Gesicht stehen lässt wie Beck. Mit Erfolg: Bei der Kommunalwahl zog der 42-Jährige für die Stadtteilgruppe „Lebenswertes Westend“ in den Ortsbeirat ein.

Kein Wunder – die Zeiten, in denen Richard Nixon Fernsehduelle und US-Präsidentschaftswahlen gegen John F. Kennedy nur wegen ein bisschen Bartschatten verlor, sind schon ziemlich viele Jahrzehnte her.

Heute behaupten Kieler Psychologen, dass stattliche Vollbärte Männer sympathischer, schlauer und attraktiver wirken lassen. Darum hat sich irgendwann selbst Berlin-Mittes Hipstervolk zu dem Trend überreden lassen, kuschelige, wangenfüllende Bärte stehen zu lassen. Oder wenn der postjuvenale Wuchs dafür nicht ausreicht, wenigstens ironisch gemeinte Schnurrbärte.

Sozialdemokratische Vollbärtler wie Kurt Beck und Wolfgang Thierse scheinen ihren Wählern gewisse Nehmerqualitäten zu demonstrieren – nach dem Motto: Wenn mich dieses Ding im Gesicht nicht stört, was juckt es mich dann, wenn an meinem Stuhl rumgesägt wird? Andererseits: Bei Rudolf Scharping hat irgendwie nicht mal das funktioniert … MLA