In Damaskus tritt die Regierung zurück

SYRIEN Präsident Baschar al-Assad könnte mit dem Rücktritt der Regierung Zeit gewinnen. Noch hat er die angekündigten politischen Reformen nicht präzisiert. Seine Anhänger demonstrieren in der Hauptstadt

DAMASKUS afp/taz | Unter dem Druck der Protestbewegung ist die syrische Regierung zurückgetreten. Staatschef Baschar al-Assad habe den Rücktritt des Kabinetts von Ministerpräsident Nadschi Otri angenommen, teilte das syrische Staatsfernsehen am Dienstag mit. Angesichts der seit zwei Wochen andauernden Demonstrationen hatte Assad zuletzt Reformen und eine Aufhebung des seit fast fünf Jahrzehnten geltenden Notstandsgesetzes angekündigt.

Otri hatte seine Regierung im Jahr 2003 gebildet und zuletzt im April 2009 umgeformt. Die nun angekündigte Regierungsumbildung ist eine Reaktion auf die seit zwei Wochen anhaltenden Proteste in Syrien, bei denen nach Angaben der Opposition landesweit 130 Menschen getötet worden sind. Das Zentrum der Proteste war bisher die Stadt Deraa im äußersten Süden des Landes. Über einen neuen Regierungschef wurden zunächst keine weiteren Angaben gemacht.

Rede Assads erwartet

Am Dienstag versammelten sich im Zentrum der Hauptstadt Damaskus mehrere zehntausend Anhänger Assads, um ihre Unterstützung für den Präsidenten auszudrücken. „Gott, Syrien, Baschar, das ist alles“ und „Einig, einig, einig, das syrische Volk ist einig“, riefen die Demonstranten auf einem Platz vor der Zentralbank, an deren Fassade ein riesiges Plakat des Staatschefs hängt.

Unter dem Druck der Proteste hatte die syrische Führung am Sonntag die Aufhebung des seit fast fünf Jahrzehnten geltenden Notstandsgesetzes beschlossen. Die Aufhebung des Gesetzes, das die meisten Bürgerrechte außer Kraft setzt, gehörte seit Langem zu den Forderungen der Opposition. Allerdings ist noch unklar, wann sie in Kraft tritt.

Seit Tagen wird auch eine Rede von Assad erwartet, in der er die angekündigten politischen Reformen konkretisieren soll. Assad hatte die Macht 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafis al-Assad übernommen. Der in Großbritannien ausgebildete Augenarzt leitete zunächst eine Reihe von Reformen ein, die auf eine vorsichtige Öffnung hindeuteten, blieb letztlich aber hinter den Erwartungen zurück. GB