„Kleine Schäden selber bezahlen“

Waldbauern sind unterversichert, sagt Ernst Rauch. Jeder solle Katastrophen selbst vorbeugen helfen

ERNST RAUCH, 46, ist Leiter der Abteilung Sturm-, Wetter- und Klimarisiken in der GeoRisikoforschung der Münchener Rück.

taz: Herr Rauch, wie hoch schätzen Sie die Schäden durch den Orkan Kyrill?

Ernst Rauch: Im Januar haben wir eine Schätzung auf Basis erster Erkenntnisse und Hochrechnungen veröffentlicht. Daran hat sich nichts verändert. Die versicherten Schäden belaufen sich europaweit auf fünf bis sieben Milliarden Euro. Für Deutschland sind keine Zahlen veröffentlicht. Aber es dürfte sich um ungefähr ein Drittel des Gesamtschadens handeln.

Wie viel Prozent der Waldbesitzer sind jetzt existenziell bedroht?

Die Privatwaldbesitzer haben die Notwendigkeit einer Waldschadensversicherung leider noch nicht eingesehen. Die Anzahl der Versicherten in Deutschland liegt deutlich unter fünf Prozent. Viele sind auch nach Kyrill nicht bereit, eine Versicherung abzuschließen. Das schadet ihnen zwar, aber letztendlich ist es ein persönliches Abwägen.

Welche Folgen haben Naturkatastrophen wie Kyrill für die Versicherungswirtschaft?

Die Schäden aus Naturkatastrophen haben weltweit zugenommen. Ein wichtiger Grund dafür ist die Bevölkerungs-und Werteseite. Es ist ein erhebliches Bevölkerungswachstum, zum Beispiel in Asien, zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass heute in jedem mittleren Haushalt ein bis drei Autos und eine Vielzahl elektronischer Geräte vorhanden sind, was früher nicht so war. Dadurch wird mehr klimaschädliches Kohlendioxid erzeugt. Die atmosphärischen Ereignisse haben deshalb zugenommen. Die Versicherungswirtschaft muss sich diesen Klimaveränderungen anpassen. Wir stellen aber fest, dass die Schäden insbesondere aus Sturm-und Unwetterereignissen in den vergangenen Jahrzehnten stärker gestiegen sind als Bevölkerungs-und Wertezuwachs.

Welche finanziellen Auswirkungen hat das auf Ihre KundInnen?

Natürlich muss sich auch auf der Preisseite einiges verändern. Erfolgsversprechender aber ist, die Verwundbarkeit gegenüber Naturkatastrophen zu reduzieren. Das Stichwort ist hier Schadensselbstbehalt. Bisher wurde ab dem ersten Euro Schadensersatz geleistet. Aber wenn Hausbesitzer beispielsweise selbst kontrollieren, in welchem Zustand sich ihre Dachziegel oder ihr Haus befindet, ist das eine gute Schadensprävention. Bezahlen sie 300 bis 1.000 Euro selbst, werden die Versicherungen von „Kleinschäden“ entlastet und es gibt einen größeren Spielraum für schwere Umweltschäden.

Welche Forderungen stellen Sie an die Klimapolitik?

Mit Bau-und Wartungsmaßnahmen kann die Politik schon schlimmeren Schäden vorbeugen. Aber langfristig sollte sie die Emission treibhausrelevanter Gase herunterfahren.

INTERVIEW: P.BYROUM-WAND