Deutsche auf dem Mond

In Bremen will die deutsche Raumfahrtindustrie über den Bau einer „Mondstation“ diskutieren. Das Programm würde 300 Millionen Euro kosten – und die Bundesregierung fordert einen „erkennbaren Nutzen für den Bürger“

„Wir wollen eine nationale Mond-Mission fliegen“ – so hat es der Direktor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Walter Döllinger, angekündigt. In zwei Wochen kommen die Raumfahrt-Wissenschaftler, deren Jobs an solchen Projekten hängen, zum Kongress „To Moon and beyond“ nach Bremen. Das Thema: „Möglichkeiten für eine europäische Mondstation“.

Dabei ist die Republik geteilt: Von einer vom DLR für 2013 geplanten Orbiter-Mission – eine Sonde soll den Mond umkreisen und vor allem filmen – erwarten sich die süddeutschen Standorte des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS neue Arbeit. Prompt kam von dort auch politische Unterstützung. Für die Landung eines Roboters auf dem Mond – geplant in einer zweiten Mission für 2020 – versprechen sich wiederum die Bremer EADS-Forscher neues Geld.

Dagmar Wöhrl (CSU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerin, hat die Hoffnungen auf 350 Millionen Euro für die erste Mission betont vorsichtig kommentiert: Die Vorschläge würden geprüft, „aber sie müssen gut begründet werden und einen für die Bürger erkennbaren Nutzen haben“, sagte Wöhrl.

Nun besagt das mit dem „für die Bürger erkennbaren Nutzen“ alles – und gar nichts. In der Kongressbroschüre heißt es zur Begründung für die Mondstation gleich zu Beginn, es gehe um eine Stärkung der europäischen Identität; nicht mal die Mondlandung der Nasa im Jahre 1969 hatte einen „für die Bürger erkennbaren Nutzen“ – will man nicht das dadurch gestiegene amerikanische Selbstbewusstsein als solchen definieren.

Auf derlei „nationalen“ Nutzen setzt auch das aktuelle EADS-Programm. Es habe sich „für uns“ die Frage gestellt, „wie positionieren wir uns national und in Europa zu den anstehenden Themen Mond und Mars“, hat etwa DLR-Chef Döllinger das Projekt begründet. „Wir Deutsche“ könnten beim Thema Exploration „sozusagen ein Stück Identität gewinnen“.

Das wissenschaftliche Ziel der Mission für 2013 heißt dagegen: Eine Sonde soll vier Jahre lang den Mond umfliegen und die erste komplette Karte seiner Oberfläche erstellen, dreidimensional und in Farbe. „Wir können damit unsere Spitzen-Technologie einbringen für eine Exploration des Mondes in einem dann internationalen Zusammenspiel“, so Döllinger. Erst das zweite Projekt soll dann 2020 im europäischen ESA-Verbund oder als internationale Kooperation stattfinden.

Derzeit fangen unter wissenschaftlicher Leitung der Niederlande Radioteleskope in ganz Europa Zeichen aus einer Zeit ein, die um 60 Millionen Jahre an den Urknall heranreicht. Mit Teleskopen auf der Rückseite des Mondes sollen Signale zu empfangen sein, die die Erdatmosphäre schluckt und die bis 100.000 Jahre an den Urknall herankommen, also praktisch „dem lieben Gott über die Schulter schauen“, wie es EADS-Chef Evert Dudok formuliert. Die EADS und der Standort Bremen wären federführend nicht nur beim Transport mit der Ariane-Rakete, sondern auch bei der Entwicklung des Landefahrzeugs.

Damit aus den Bremer Träumen etwas wird, müsste die Bundesregierung im kommenden Jahr eine positive Entscheidung treffen – und zusätzlich zur bestehenden Raumfahrt-Finanzierungen 300 Millionen Euro beisteuern. KLAUS WOLSCHNER