Bis zum Ende

LIBYEN Gaddafi will nicht ins Exil. Seine Einheiten rücken wieder vor – in zivilen Fahrzeugen

TRIPOLIS/WASHINGTON/LONDON/ADSCHDABIJA rtr/dapad/afp/dpa | Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi und seine Söhne halten sich nach Angaben der Regierung im Lande auf. Auf die Frage, ob Gaddafi und seine Familie noch da seien, antwortete Regierungssprecher Mussa Ibrahim am Donnerstag in Tripolis: „Gehen Sie davon aus, wir sind alle hier. Wir werden hierbleiben bis zum Ende. Dies ist unser Land. Wir sind stark an jeder Front.“

Die ugandische Regierung teilte mit, Gaddafi habe nicht um politisches Asyl nachgesucht, nachdem sie am Vortag ein entsprechendes Angebot in Aussicht gestellt hatte. Libyens Außenminister Mussa Kussa hatte sich am Mittwoch nach Großbritannien abgesetzt. Er gehörte zum inneren Kreis um Gaddafi.

Die USA gaben am Donnerstag zu, in Libyen CIA-Agenten einzusetzen, um die Rebellen gegen das Regime zu unterstützen. Dies bestätigten Regierungskreise in Washington. Demnach führten militärische Analysen zu der Erkenntnis, dass die Rebellen ohne Unterstützung den Kampf gegen Gaddafi nicht gewinnen können.

Die genaue Rolle der CIA in Libyen ist bislang unklar. Experten gehen davon aus, dass die Agenten entsandt wurden, um die Stärke und Ausrüstung der Rebellen zu überprüfen und Präsident Barack Obama Empfehlungen für eine bessere Bewaffnung zu geben. Außerdem hätten die Geheimdienstmitarbeiter geholfen, Besatzungsmitglieder eines abgestürzten amerikanischen Kampfflugzeuges zu bergen. Ob und in welcher Form die USA die Rebellen mit Waffen ausstatten, hat die US-Regierung noch nicht entschieden.

Angesichts der Luftangriffe der internationalen Streitkräfte änderten die Gaddafi-Truppen offenbar ihre Taktik. Immer häufiger verzichteten die Soldaten auf Panzer und schwere Geschütze und führen stattdessen in Kleinbussen und Geländewagen zur Front, hieß es aus US-Geheimdienstkreisen. Auch Aufständische erklärten, dass regierungstreue Truppen vermehrt zivile Fahrzeuge benutzten. Diese Taktik erschwere Luftangriffe, da die Piloten der internationalen Streitkräfte nicht zwischen Aufständischen und Regierungstruppen unterscheiden könnten, sagte ein Vertreter der US-Geheimdienste.

Unterdessen gerieten die Rebellen militärisch weiter unter Druck. Nachdem sie die Hafenstadt Ras Lanuf hatten räumen müssen, lieferten sie sich am Donnerstag in der Region der 60 Kilometer östlich gelegenen Hafenstadt Brega heftige Gefechte mit den Regierungstruppen. Augenzeugen berichteten, es sei nicht zu erkennen, wer den dortigen Ölhafen kontrolliere.

Mehrere Flugzeuge überflogen wiederholt die Region. Zeugen berichteten von fünf Explosionen, ohne dass die Ziele der Angriffe zu erkennen waren. Oppositionelle erklärten indes, in der Oasenstadt Kufra im Süden des Landes seien etliche Offiziere der Chamies-Brigade zu den Aufständischen übergelaufen. Die Brigade, die zu den am besten ausgerüsteten Einheiten der libyschen Streitkräfte zählt, ist nach einem Sohn Gaddafis benannt. Chamies soll vor einigen Tagen getötet worden sein, die Staatsführung bestreitet das.

Britischen Angaben zufolge kamen bei den Kämpfen zwischen den Aufständischen und den Gaddafi-Truppen bislang etwa 1.000 Menschen ums Leben. Das Außenministerium in London berief sich in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zur Menschenrechtslage auf „Kreise“ in Libyen. „Viele weitere wurden während der jüngsten Gewalt verletzt“, hieß es weiter.

Die Nato, die seit Donnerstag das alleinige Kommando über die Luftangriffe auf Libyen hat, leitete nach Berichten über zivile Opfer bei einem Angriff auf Tripolis Ermittlungen ein. „Wir untersuchen, ob Nato-Kräfte involviert waren“, sagte Generalleutnant Charles Bouchard, Kommandant des Einsatzes in Libyen, am Donnerstag auf dem Nato-Stützpunkt in Neapel.

Der Bischof von Tripolis, Giovanni Innocenzo Martinelli, war am Donnerstag in Medienberichten mit den Worten zitiert worden, bei den „sogenannten humanitären Angriffen“ seien in Tripolis Dutzende Zivilpersonen getötet worden.