Sieht doof aus. Aber…

RETTUNG Fahrradhelme sind uncool. Und außerdem: Gibt es eigentlich jemand, dem so ein hässliches Ding geholfen hat? Die Antwort lautet: Ja

VON GEREON ASMUTH

Ein Fahrradhelm? Ursula lehnt dankend ab. Sie kommt aus Australien. „Da sind die Pflicht“, sagt die 35-Jährige. Sie genießt die Freiheit, hier auf die hässlichen Dinger zu verzichten. Und außerdem: die Frisur! Biff, ihr Freund, hat kaum Haar. Den Helm mag er dennoch nicht. Er will den Fahrtwind spüren. Ich hab die beiden beim Frühstück im Hostel kennen gelernt. Wir sind in Baños, Ecuador. Ein Ort für Abenteuer. Es gibt den feuerspeienden Vulkan Tungurahua. Oder die Wasserfälle im Tal Richtung Regenwald. Mountainbikes gibt es überall im Städtchen zu mieten. Werkzeug, Pumpe, Straßenkarte sind inklusive. Und ein leicht abgeranzter Helm. Zuhause wäre er auch für mich indiskutabel. Hier setze ich ihn auf. Kostet ja nichts. Manchmal macht man etwas richtig aus dem falschen Grund.

Die Tour geht 30 Kilometer bergab. Nach dem ersten Wasserfall kommt ein Tunnel. Nicht lang. Schnurgerade. Ursula und Biff brausen durch. Ich hinterher. Man sieht das Licht am Ende. Nur mittendrin sieht man nichts. Gar nichts. Das Rad hat keine Lampe. Keinen Reflektor. Halt dich rechts, denke ich. Falls ein Auto von hinten kommt.

Wahrscheinlich bin ich einfach gegen die Tunnelwand gefahren. Auf jeden Fall bin ich gestürzt. Schnell aufstehen. Mit dem ramponierten Rad unterm Arm ans Tunnelende laufen. Wenn Autos kommen, winken. Das nennt man wohl Selbsterhaltungstrieb. Draußen genügt ein Griff an die linke Schulter: Das Schlüsselbein ist mehr als durch.

Freundliche Bauarbeiter rufen die Polizei. Freundliche Polizisten bringen mich ins Krankenhaus. Freundliche Ärzte bestätigen meine Diagnose und schicken mich zur besseren Klinik im nächsten Ort. Unterwegs im Taxi setze ich erstmals den Helm ab. Links hinten klafft ein zehn Zentimeter langer, tiefer Riss. So hätte mein Schädel aussehen können. Auf dem Boden des Tunnels ohne Licht, durch den Minuten später Autos brausten. Im Helm finde ich zwei Aufkleber mit schönen deutschen Worten: „TÜV“, steht auf dem einen. „GS – geprüfte Sicherheit“, auf dem anderen.

Das Ganze ist jetzt ein Jahr her. Nächste Woche muss ich wieder unters Messer. Die Metallschiene, die das Schlüsselbein zusammengehalten hat, darf raus. Meinen Kopf schützt heute ein Helm. Bei der täglichen Fahrt in die Redaktion. Bei der Radtour am Wochenende. Es sieht immer noch scheiße aus. Aber.