Parlamentarier „massiv belogen“

SPD und Grüne werfen dem Verfassungsschutz massive Fehlinformation vor. Innensenator will Vorwürfe prüfen

„Wir sind über Jahre im Unklaren gelassen worden, was die Aktivitäten des Bremer Verfassungsschutzes in Sachen Kurnaz angeht, und wurden auf konkrete Nachfrage vorsätzlich und dauerhaft belogen“, das erklärte der Grünen-Abgeordnete Matthias Güldner gestern nach einer dreistündigen Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Verfassungsschutzes. Hermann Kleen (SPD), Vorsitzender der Kommission und Koalitionspartner des zuständigen Innensenators, sieht das so: „Nicht umfassend“ sei man informiert worden und „möglicherweise richtig falsch“. Das sei für ihn „alarmierend“, weil sich die Frage stelle, ob „die Mehrheit im Ausschuss“ – das sind Grüne und SPD – den vertraulichen Angaben von Innenressort und Amt vertrauen könnten. Der Leiter des Verfassungsschutzes, Walter Wilhelm, hatte über Jahre in der PKK behauptet, das Amt befasse sich nicht mit Kurnaz.

Kleen warf auch die Frage auf, wie es sein könne, dass Wilhelm im Dezember 2005 „Erkenntnisse“ über Kurnaz schärfer zusammenfasst als im Original vom Februar 2002, obwohl in der Zwischenzeit nichts Belastendes hinzugekommen sei – eher im Gegenteil. Da habe offenbar „der Wunsch, die Rückkehr von Kurnaz massiv zu verhindern“, die Feder geführt, meint Kleen. Wilhelm hatte in Berlin im BND-Ausschuss eine „schriftstellerische Fehlleistung“ eingeräumt. „Da haben sich alle kaputt gelacht“, weiß Güldner. Das Bremer Amt sei derzeit nicht arbeitsfähig und er forderte den Innensenator erneut auf, den überforderten Chef zu entfernen.

Der Bremer Innensenator hatte im Dezember 2005, als das Urteils des Bremer Verwaltungsgerichtes Kurnaz seine Aufenthaltsberechtigung für Bremen zugesprochen hatte, nach anderen Ausweisungstatbeständen gesucht. Dazu sollte das Wilhelm-Papier dienen. Wie gestern in Berlin bekannt wurde, hat die Bundesregierung im Sommer 2006 es abgelehnt, Kurnaz direkt mit einer eigenen Maschine zu holen. Er wurde dann Wochen später unter demütigenden Umständen in einer US-Militärmaschine nach Frankfurt ausgeflogen. kawe (siehe Bericht Seite 2)