Wer suchet, der findet

DROGEN Während Debatten um Cannabis-Legalisierung bundesweit schwelen, ermitteln Bremens Polizei und Staatsanwalt verschärft gegen den Anbau des Rauschmittels – ob privat oder für den Verkauf

Es ist sicherer, täglich ein paar Gramm Cannabis zu kaufen, als Vorräte anzubauen

Knapp tausend Cannabis-Pflanzen hat die Polizei in den vergangenen Wochen auf illegalen Plantagen eingesammelt. Einige davon in groß angelegten Razzien, andere bei sogenannten „Zufallsfunden“, wie Polizeisprecher Dirk Siemering sagt.

Nun ist die Zunahme des Anbaus nur eine mögliche Erklärung für die vermehrten Funde. Die andere lautet: Die Polizei sucht aufmerksamer, will also mehr finden. Tatsächlich bestätigt Siemering einen entsprechenden Ermittlungsschwerpunkt. Höhepunkt waren die Hausdurchsuchungen, die am 18. Juni unter anderem beim Growshop „Udopa“ im Viertel und in dessen KundInnenkreis durchgeführt wurden. Danach wollen die Beamten zufällig auf weitere Plantagen aufmerksam geworden sein.

Die Szene bezweifelt diese Zufälligkeit, weil die Ermittler auch Kundendaten mitgenommen hätten. Die Polizei erklärt die Häufung anders: Siemering berichtet von Sonderausbildungen der BeamtInnen und einer höheren Sensibilität gegenüber Hinweisen wie verklebten Fenstern oder auffälligen Gerüchen.

Ob hier harmlos kiffende Selbstversorger drangsaliert wurden oder Schläge gegen das organisierte Verbrechen gelungen sind, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. „460 Pflanzen kann man unmöglich mal eben alleine wegqualmen“, sagt Siemering. Wie es allerdings um 10 Pflanzen bestellt ist, über deren Ertrag ungeübte GärtnerInnen selbst nur mutmaßen können, ist eine andere Frage. Zwar steht es jedem Bundesland zu, die strafrechtlich relevante „geringe Menge“ selbst zu definieren, doch den Züchtern hilft das nicht: Der Ertrag einer Pflanze liegt in jedem Bundesland weit darüber. Rechtlich gesehen ist es also sicherer, täglich ein paar Gramm Cannabis zu kaufen, als auf dem eigenen Balkon Wintervorräte anzubauen.

Bei der Linksfraktion beschränkt man sich nicht allein auf landespolitische Stellschrauben. Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Linken, möchte hier einen Modellversuch zur Legalisierung durchführen. Derweil läuft eine Senatsanfrage, die Prohibition und den Schwerpunkt auf Verfolgung hinterfragt.

Grundsätzlich einig sind sich die Linken mit vielen Grünen – einen Modellversuch sieht man in der Fraktion wegen der Kosten ausreichender wissenschaftlicher Begleitung zwar kritisch, die Verfolgungspraxis allerdings habe man durchaus im Auge, sagt ein Sprecher. Auch zur Legalisierung gibt es wie bei der SPD keine einheitliche Position – auch weil der Wirkstoffgehalt der Pflanzen heute erheblich stärker sei als vor einigen Jahren.

So richtig gegen die Legalisierung ist hingegen die CDU. Für ihren innenpolitischen Sprecher Wilhelm Hinners ist Cannabis eine gefährliche Einstiegsdroge – im Fall von medizinischer Nutzung macht aber auch die Union Abstriche von dieser Haltung. Und für die Polizei ist die Frage nach den Mengen im Kleinanbau dann auch eher eine ermittlungstechnische: Große Plantagen würden laut Siemering nämlich leichter gefunden.

JAN-PAUL KOOPMANN