Ein Stahlmann am Krankenbett

Bremer Klinik-Experten und Betriebsräte fragen skeptisch nach der Rolle des früheren Stahl-Chefs Klaus Hilker –mit Kliniken kenne er sich jedenfalls nicht sonderlich aus

Von KLAUS WOLSCHNER

„Das wäre ja so, als würde DaimlerChrysler einen Aufsichtsrat von BMW auf eine wichtige Stabsstelle holen“, staunt Peter Erlanson, Kandidat der Linkspartei und Betriebsrat in der Klinik Links der Weser. Klaus Hilker, der frühere Chef der Stahlhütte, soll nach einer Senatsentscheidung bis zum 1. Juli „ein Konzept zur Strukturierung und erste Ansätze zur Sanierung der kommunalen Kliniken“ vorlegen und die aktuelle Suche nach einem neuen Chef der Dachgesellschaft begleiten. Auch auf den Chefetagen der Bremer Kliniken reibt man sich die Augen und fragt, woher der Mann die Fachkompetenz dafür haben soll.

Denn als Krankenhauspolitiker ist Hilker eigentlich nicht bekannt. Das Joseph-Stift, in dessen Aufsichtsrat Hilker sitzt – und erst einmal bleiben will –, war vor wenigen Jahren praktisch Konkurs. Über rigide Einspar-Maßnahmen und den Verkauf des Wohnungsbestandes konnte der Trägerverein den Konkurs abwenden und eine Umstrukturierung finanzierten. Der Bremer Senat steuerte 14,3 Millionen Euro bei. Hilker war zeitweise und kommissarisch Geschäftsführer, wird aber mehr mit Tiefgaragenbauten in Zusammenhang gebracht als mit dem neuen medizinischen Konzept des St.-Josef-Stiftes. Vor zwei Jahren wurde das katholische Krankenhaus dann zu 51 Prozent an den katholischen Klinik-Verbund „St.-Franziskus-Stiftung Münster“ verkauft – für einen Euro.

Weder die anderen privaten Kliniken in Bremen noch die kommunalen Kliniken sahen darin eigentlich ein „bremisches“ Modell. Es hatte vorher Fusionsverhandlungen mit anderen privaten Trägern gegeben, die aber gescheitert waren. In Kreisen der Krankenkassen hätte man auch den Konkurs des Joseph-Stiftes nicht für eine Katastrophe gehalten – nach einer bei den Kassen verbreiteten Ansicht sind sowieso „zwei Kliniken zu viel“ in Bremen am Markt. Und da konkurrieren die Privaten nun einmal mit den kommunalen Kliniken. Auch deshalb schütteln viele Insider verwundert den Kopf, wieso einer, der einer privaten Klinik verbunden ist, eine Schlüsselrolle in den kommunalen Kliniken bekommen soll.

Verbunden ist Hilker auch der CDU, die ihn einmal beinahe zum Wirtschaftssenator wollte. Dass das Gesundheitsressort im Falle des privaten Krankenhauses die Hälfte der Investitionskosten übernommen hat und auch wenige Jahre vorher über Umwege mit einer Vier-Millionen-Geldspritze aushalf, wird allgemein dem Engagement des CDU-Politikers Harmut Perschau zugeschrieben.

Was nun genau die Kompetenz von Hilker sein soll, ist auch in der Gesundheitsbehörde reichlich unklar. Er werde sich des Apparates der Holding bedienen, war bei seiner Einführung erklärt worden. Aber da hat er schon deutlich gemacht, dass er so oft präsent sein werde. In der Gesundheitsbehörde war vor zwei Wochen gerade eine Arbeitsgruppe bei der Staatsrätin gegründet worden – ob die nun auch Hilker zuarbeitet oder eher parallel, das ist die Frage. Klar ist nur eines: Die Staatsrätin Birgit Weihrauch wird von ihrer Schlüsselrolle als Vorsitzende der vier Klinik-Aufsichtsräte entbunden, Hilker wird an ihre Stelle treten. Finanzsenator Ulrich Nußbaum meinte, er verspreche sich von Hilker „eine Professionalisierung“ der Aufsichtsratsarbeit. Die ausscheidende Staatsrätin Weihrauch weilte derweil in Urlaub.

Dem Chef des Klinikums Mitte, Walter Bremermann, wird Hilker auch auf höherer Ebene begegnen, denn der ist gleichzeitig amtierender Klinik-Holding-Chef und ein ausgefuchster Experte, der sich von einem Quereinsteiger aus der Stahlbranche genauso wenig die Butter vom Brot nehmen lässt wie von einer Arbeitsgruppe der Staatsrätin. Klar scheint mit der Benennung von Hilker auch, dass es nicht zum 31.März einen neuen, fachlich ausgewiesenen Holding-Chef geben wird, wie die Gesundheitssenatorin es einmal etwas voreilig angekündigt hatte.

Klaus Hilker, der in der Stahlindustrie ein gutes Händchen für Unternehmenskommunikation bewiesen hat, ist selbst schlau genug, sich nicht mit öffentlichen Äußerungen an der Diskussion der verworrenen Lage zu beteiligen. Da er auch mit den zerstrittenen Betriebsräten reden will, wird er an seinem Image arbeiten müssen. Das Problem seien nicht die Strukturen, sagt zum Beispiel Betriebsrat Erlanson, sondern die Strategie, „eine Klinik auf Kosten der drei anderen“ sanieren zu wollen: „Wenn Hilker diese Politik weiter macht, wird sich an der Blockade der anderen nichts ändern.“