Höllenlärm hinter den Kulissen

Die neue Kultur-Landschaft in Bremen-Nord hat sich noch nicht zusammengerüttelt. Gründe: Job-Interessen beim Bürgerhaus, Gerede um Eigengeschäfte des Chefs bei der neuen Kultur-gGmbH und wieder einmal rollt ein Kopf beim Kito

Wenn jemand den Eindruck habe, hier werde von Personen Druck ausgeübt, dann bedaure er das. Sagt Axel Adamietz

von KLAUS WOLSCHNER

Das Ehrenamt sollte professionelle Unterstützung erhalten, „Kulturhochvier“ sollte in Bremen-Nord in neuem Glanz erstrahlen, vorbei die Zeit der Querelen hinter den Kulissen und Konkurrenzen zwischen kuba, Kito und Bürgerhaus – so wurde die gute neue Zeit angekündigt. Ein gemeinsames Kulturkonzept mit gemeinsamer gemeinnütziger Kultur-Nord-GmbH sollte die Basis sein, im Dezember war die feierliche Unterzeichnung. Rund zehn Wochen später gibt es aber noch keine guten Nachrichten von einer blühenden neuen Kulturlandschaft. Die Programme von Kito und Bürgerhaus sind heftig reduziert, in der Schautafel des Kulturbahnhofes „kuba“ prangen Plakate, die auf die Programme der anderen Häuser verweisen.

Auch hinter den Kulissen sind die Zustände alles andere als wohlgeordnet. Die Gesellschafter der neuen Kultur-GmbH haben strengstes Stillschweigen vereinbart, als würde die Sache der Kulturorganisation in Bremen-Nord niemanden etwas angehen. Dennoch passiert, was passieren muss – immer wieder sickert etwas durch.

Da ist zum Beispiel der neue Schatzmeister des Kito-Vereins, Peter Dax. Der hat nach wenigen Wochen die Nase voll von der neuen Kultur und trat zurück. „Das ist nicht mein Stil und das greift meine Gesundheit an“, erklärte er zu der Art und Weise, wie hinter den Kulissen die neue Kultur für Bremen-Nord vorbereitet wird.

Ins Gerede war die Rolle von Volker Beringer gekommen, das ist der neue Vorsitzende des Bürgerhauses Vegesack. Da sei nichts dran an den Gerüchten, dass Beringer Angestellter bei Novaplan, der Privatfirma des Kultur-gGmbH-Geschäftsführers Ulrich Mayer werden solle, so wurden die ersten Indiskretionen mehrfach dementiert. Das wäre auch aus mehreren Gründen fatal gewesen: Da der arbeitslose Beringer als Gesellschafter für das Bürgerhaus in der Kultur-gGmbH sitzt, käme er durch ein Job-Angebot in eine weitgehende Abhängigkeit von dem Geschäftsführer, den er als Gesellschafter im Interesse des Bürgerhauses eigentlich kontrollieren soll. Auf einer Pressekonferenz Mitte der Woche beschwerten sich Vertreter der gGmbH zunächst über kritische Presseberichterstattung auch in der Sache Beringer. Nach mehreren Nachfragen druckste Beringer selbst dann aber die Bestätigung für den Verdacht heraus: „Es gab Annäherungen in diesem Bereich, aber keine Zusagen.“ Annäherungen zwischen wem und wegen was? Die Arbeit im Bürgerhaus sei eben für ein Ehrenamt zu viel, versuchte Beringer eine Erklärung.

Über sein Interesse an einem festen Job waren die Mitgesellschafter schon vor Wochen vertraulich informiert worden und hatten, so Thomas Pörschke vom Kito, zu dem absehbaren Interessenkonflikt klargestellt: Wer Angestellter der Kultur-Nord-gGmbH oder, was derzeit fast dasselbe ist, bei der Privatfirma „Novaplan“ des Geschäftsführers Mayer, kann nicht gleichzeitig für einen der Trägervereine in der Gesellschafterversammlung der Kultur-gGmbH sitzen.

Nachdem durch die Presse-Indiskretionen sowieso jeder etwas ahnte, hatte sich Beringer auf der Vorstandssitzung des Bürgerhausvereins am Dienstag dieser Woche offenbart. Da habe es, berichtete Beringer, zeitweise einen „Höllenlärm“ gegeben. „Wir ziehen alle an einem Strang und alle am selben Ende“, versicherte der für Bremen-Nord vom Kultursenator eingesetzte Kulturmoderator Axel Adamietz dennoch.

In den Sitzungen, über deren Vertraulichkeit er mit strenger Stimme und auch mal mit groben Drohungen wacht, gebe es natürlich „Auseinandersetzung und Zusammenraufen“. Wie zum Beispiel im Bürgerhaus-Vorstand – „da flogen die Fetzen“, formuliert es Adamietz. Aber: Wenn jemand den Eindruck habe, hier werde von Personen Druck ausgeübt, dann bedaure er das – der Druck sei „ein objektiver“, unter dem die neue Kultur-gGmbH für Bremen-Nord stehe.

Die FDP hatte von einem Skandal erster Güte“ gesprochen: Der kaufmännische Kulturbüro-Geschäftsführer Ulrich Mayer, ein privater Unternehmer, sei „zugleich Buchhalter, Steuerberater sowie in eigener Sache Arbeitgeber zahlreicher Mitarbeiter“, die bei Novaplan angestellt sind, aber in den Kultureinrichtungen Dienst tun. Adamietz gab ausdrücklich eine „Ehrenerklärung“ für Ulrich Mayer ab: Der mache keine Gewinne mit seinem Engagement für die Kultur in Bremen-Nord. Das beruhigte zumindest die Vegesacker Beilage des Weser Kuriers: Es habe sich offenbar bloß um einen „Sturm im Wasserglas“ gehandelt, titelte sie.

Die Lokalbeilage funktioniert ganz im Sinne der verabredeten Vertraulichkeit, mit der die Kultureinrichtungen in Bremen-Nord sich vor indiskreten Blicken in ihr Inneres schützen wollen: Enthüllungen zu publizieren überließ sie dem Anzeigenblättchen BLV.

Für Fortsetzungen der Geschichte ist garantiert: Vier Vereine sollen da neben, unter und über einer „Kultur-gGmbH“ zusammenwirken, ohne dass die Satzung klarstellt, wer welche Kompetenzen hat. Damit können bei knappen Finanzen auch die besten Gutmenschen nicht zurechtkommen, ohne immer wieder „Höllenlärm“ zu machen.