Kontext TV

Der Online-Sender bringt alternative politische Berichte abseits der Mainstream-Agendas und setzt Themen in ihren strukturellen Kontext. Hier wird gesagt, was sonst nicht gehört wird

Mo., 11. April:

Interview mit dem kanadischen Technologiekritiker Pat Mooney, der unter anderem über mögliche Gefahren von Nanotechnologie und Geo Engineerung spricht.

Vorschau:

In der nächsten Sendung, die Anfang Mai erscheint, befasst sich Kontext TV mit der Mitschuld der Bundesregierung an der Krise in den EU-Peripheriestaaten Griechenland, Portugal und Irland.

Im Netz:

www.kontext-tv.de

In seinem 2004 erschienenen Buch „Postdemokratie“ prangert der Politikwissenschaftler Colin Crouch die Rolle der Mainstream-Medien in westlichen Demokratien an. Crouch wirft den Medien vor, durch ihre vereinfachende und sensationsheischende Berichterstattung das Niveau von politischen Diskussionen und die politische Kompetenz der Bürger negativ zu beeinflussen. Ein schwerwiegendes Problem, findet der Politikwissenschaftler. Für ihn sind Informationen eine Ressource, die für den Bürger in einer Demokratie lebensnotwendig ist.

Das Problem hat auch das unabhängige Nachrichtenmagazin Kontext TV erkannt, und so lautet der Leitspruch: „Demokratie kann nur so gut sein, wie die Bürger informiert sind.“ Entsprechend setzt sich die Redaktion, die im Wesentlichen aus dem Dramaturgen Fabian Scheidler und dem Journalisten David Goeßmann besteht, dafür ein, die politische Diskussion in den Medien durch tiefgründige und kontinuierliche Berichterstattung zu stärken. Die Berichte von Kontext TV zeigen Zusammenhänge auf und beziehen Experten ein, die in den Mainstream-Medien nicht berücksichtigt werden. Die wichtigsten Themenbereiche des Magazins sind soziale Gerechtigkeit, Umwelt und Klima, Krieg und Frieden und Migration. Die Auswahl der Themen orientiert sich nicht nur an aktuellen Ereignissen. „Info-Häppchen genügen vielen Menschen einfach nicht mehr. Wir wollen Hintergründe bringen und größere Zusammenhänge verständlich machen“, sagte Fabian Scheidler.

Im Herbst 2009 gründeten Scheidler und Goeßmann, die schon länger die Idee eines alternativen Nachrichtenmagazins im Kopf hatten, Kontext TV. Während eines Interviews hatten sich die beiden zuvor kennen gelernt und beschlossen angesichts der miserablen Medienberichterstattung über die Finanzkrise, etwas gegen das Informations-Manko zu unternehmen. Ihr großes Vorbild war dabei die amerikanische Nachrichtensendung Democracy Now, die sich in Amerika fernab von den großen Medienkonglomeraten wie der Fox Broadcasting Company für eine alternative Gegenöffentlichkeit bemüht und schon lange vor der Krise die Menschen zu Wort kommen ließ, die vor dem Kollaps der Finanzmärkte warnten.

Den Anspruch einer alternativen Berichterstattung lösen Scheidler und Goeßmann in ihrer aktuellen Sendung ein. Zunächst einmal greifen sie mit der Revolution in Ägypten, dem Agrartreibstoff E 10 und dem Weltsozialforum in Dakar Themen auf, die die großen Medien angesichts des Konflikts in Libyen und des Erdbebens in Japan schon vergessen zu haben scheinen. „Es ist die Aufgabe kritischer Medien, den Scheinwerfer auch auf Themen und Regionen zu richten, die gerade keine Schlagzeilen liefern“, kommentierte Scheidler.

Zweitens greifen sie mit den Ursachen für die Revolution einen Aspekt auf, der in der Berichterstattung über Ägypten kaum thematisiert wurde. So ist die Armut des Landes auch das Resultat eines 1991 verabschiedeten Strukturanpassungsprogramms des Internationalen Währungsfonds, mit dem die Wirtschaft an den globalen Markt angepasst werden sollte. Das Thema E 10 nehmen sie zum Anlass, um mit dem „Land Grabbing“ in Afrika einen Aspekt auszuleuchten, der von den großen Medien weitgehend übersehen wurde. Um an neue Anbauflächen für den Biotreibstoff Ethanol zu gelangen, kaufen ausländische Investoren in Afrika seit einiger Zeit massiv Land auf. „Es ist wichtig, Informationen über solche Hintergründe und Zusammenhänge zu bekommen, um sich eine Meinung bilden und in Entscheidungsprozesse einmischen zu können“, sagte Scheidler.

Drittens lässt die Redaktion bei ihrer Berichterstattung Betroffene und Experten aus der jeweiligen Region zu Wort kommen. Während der ägyptische Ökonom Samir Amin in dem Beitrag über Ägypten die Folgen der ökonomischen Strukturanpassung erklärt, erläutert Nnimmo Bassey, Vorsitzender von Friends of the Earth International, wie das Land Grabbing in Afrika den Hunger verstärkt. „Es gibt viele Leute wie Amin und Bassey, die über wichtiges Wissen verfügen, in den Mainstream-Medien aber oft zu kurz kommen“, sagte Scheidler.

Wer sich für alternative Berichterstattung interessiert und die Redaktion unterstützen möchte, kann das auf vielfältige Weise tun. Es werden zum Beispiel Kameraleute gesucht und Mitwirkende im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Social Media. „Wir freuen uns über helfende Hände“, sagte Scheidler.

Lukas Dubro