Hildesheim verliert entspannt

HSV Handball gewinnt gegen die stark abstiegsbedrohte Mannschaft in erwarteter aber keineswegs überwältigender Höhe. Trainer Schwalb unzufrieden über schwache erste Halbzeit

VON CHRISTIAN GÖRTZEN

Normalerweise sind nach Kantersiegen die Rollen verteilt: Auf der einen Seite stehen die Trainer und Spieler der siegreichen Mannschaft und erzählen glückstrahlend davon, dass an diesem Tag alles gepasst habe. Auf der anderen Seite sind die Verlierer derart niedergeschlagen, dass jedes mühsam hervorgepresste Wort als großes Versehen zu werten ist. Nach dem Nordduell in der Handball-Bundesliga zwischen dem Titelaspiranten HSV Hamburg und dem Tabellenletzten Eintracht Hildesheim, das der Gastgeber HSV vor 6.525 Zuschauern mit 41:29 (18:14) gewann, war es etwas anders.

Wäre nach dem Spiel eine Jury in den kargen Raum geführt worden, in dem die Pressekonferenz stattfindet, und hätte man sie darum gebeten, den Sieger und Verlierer des Abends anhand der Mimik und Gestik zu ermitteln, hätte das Urteil wohl kaum den Tatsachen entsprochen. Der Verlierer, Eintracht-Coach Lars Walther, war guter Laune. Seinem siegreichen Trainerkollegen vom HSV, Martin Schwalb, war dagegen anzusehen, dass er weit davon entfernt war, den Abend als perfekt bezeichnen zu wollen.

„Es gab heute einige Sachen, die mir nicht gefallen haben – besonders in der ersten Halbzeit“, sagte Schwalb. „Wir haben die Hildesheimer zu nah an unser Tor herankommen lassen.“ In der zweiten Hälfte habe sich das relativiert. „Wir haben unsere Aufgabe so erfüllt, dass ich damit gut leben kann“, fügte er hinzu.

Den gelösteren Eindruck machte Lars Walther, ein fröhlicher Däne, der im November die schwere Aufgabe übernahm, den Neuling Hildesheim vor dem Abstieg zu bewahren. „Die beiden Teams trennt im Leistungsvermögen so viel, dass es praktisch einen Sieg mit zehn Toren Unterschied geben muss“, sagte Walther. Acht Tore Differenz wären möglich gewesen, fand er. Dass es tatsächlich zwölf wurden sei „ein bisschen schade, aber so ist das eben“, sagte Walther.

Seine Mannschaft hat auch in Hamburg nicht beweisen können, dass sie die nötige Klasse für die Bundesliga besitzt. Von 19 Spielen hat die Eintracht bisher nur zwei gewonnen. Ganz anders stellt sich die Lage beim HSV dar. Hamburg ist auf dem besten Wege, die erfolgreichste Saison der noch sehr jungen Vereinsgeschichte zu absolvieren. In allen drei Wettbewerben, der Meisterschaft, dem DHB-Pokal und im Europapokal der Pokalsieger, liegt der HSV bestens im Rennen.

Der Aufschwung an der Elbe hat mehrere Gründe. Zum einen ist da natürlich der millionenschwere Präsident Andreas Rudolph, der über die Mittel verfügt, die Topstars von einem Wechsel nach Hamburg zu überzeugen. Des Weiteren ist es Schwalb gelungen, ein funktionierendes Team zu formen. Und drittens ist das Leistungsgefälle innerhalb der Mannschaft bei weitem nicht mehr so groß wie noch in den vergangenen Jahren. Der HSV hat seit dieser Saison ganz neue taktische Möglichkeiten. Die unterschiedlichen Spielertypen lassen jetzt zum Beispiel zwei Abwehrvarianten zu.

Hildesheim taugte nicht zum Prüfstein. Der echte Test folgt am nächsten Sonnabend, wenn die SG Flensburg-Handewitt zu Gast ist. Dann wird sich zeigen, ob der HSV tatsächlich zu Höherem berufen ist.