Zurück zu den einfachen Dingen

Nach zwei Niederlagen beim Algarve-Cup sind die deutschen Fußballerinnen ratlos und müssen sich nun auf Schadensbegrenzung besinnen

ALBUFEIRA taz ■ Manchmal wiegt ein psychisches Unwohlsein schwerer als ein körperliches Problem. So kommt es dieser Tage an der Algarve vor, dass der Paralympics-Goldsprinter Wojtek Czyz gut gelaunt mit seinem Sportbein über der Schulter durch den Hotelkomplex spaziert, während deutsche Nationalkickerinnen mit gesenkten Köpfen zum Training stapfen.

Erst ein 1:2 gegen EM-Finalist Norwegen, dann ein 0:1 gegen Frankreich, das vor kurzem noch in der WM-Qualifikation scheiterte – „es ist absolut der Wurm drin“, sagt Bundestrainerin Silvia Neid zu den bislang enttäuschenden Leistungen der deutschen Frauen beim Algarve-Cup in Portugal. Während also die siegreichen Däninnen an den Pool gehen und Frankreich zur Belohnung tagsüber freihat, bittet Neid am Nachmittag zum Grundlagentraining. Ball annehmen und zurückspielen. Ball annehmen und weiterpassen. Ball annehmen und aufs Tor schießen. Eine knappe Stunde lang probt der Weltmeister die einfachen Dinge des Fußballs, über die er momentan etwas die Beherrschung verloren hat.

Noch hat die deutsche Fußball-Nationalfrauschaft im Jahr 2007 nicht gewinnen können. Ein Freistoßtor in fünf Spielen ist die magere Ausbeute der sonst so offensivstarken Teams. Solche Durststrecken sind die Fußballerinnen seit 1985 nicht mehr gewohnt, als es zuletzt einmal fünf Spiele lang keinen Sieg gab. Umso wuchtiger trifft die Frauen nun in Portugal die Kritik, auch die ihrer Trainerin. „Ich habe schon das Gefühl, dass die Spielerinnen wollen“, sagt Neid, „aber das Problem, das wir hier haben, ist: Wir brauchen zu lange, um den Ball unter Kontrolle zu bringen und weiterzuverarbeiten. Das kannst du dir vielleicht in der Bundesliga, aber nicht auf dem Niveau hier erlauben.“ Weder Norwegen noch Frankreich hatten durch das ungenaue Passspiel und das fehlende Pressing der Deutschen Mühe, dem Weltmeister Paroli zu bieten.

Dabei standen in der Startelf gegen Frankreich sieben Nationalspielerinnen des Bundesligaersten 1. FFC Frankfurt auf dem Platz. An der mangelnden Abstimmung in der Mannschaft kann es also nicht liegen, dass wenig klappte. „Wir glauben, dass wir eine kleine Phase durchmachen“, sagte eine ratlose Nationalverteidigerin Kerstin Stegemann. Sollte diese Phase allerdings auch noch am Montag anhalten, wenn Deutschland im abschließenden Gruppenspiel auf Dänemark (18.30 Uhr, live auf Eurosport) trifft, findet sich der Weltmeister beim WM-Probelauf an der Algarve plötzlich in der zweiten Reihe des Weltfußballs wieder.

Denn während Dänemark nach zwei Siegen bereits als Gruppensieger und Finalteilnehmer feststeht, geht es für Deutschland als sicheren Gruppenletzten nun um Schadensbegrenzung. Anstatt gegen Turnierfavorit USA, Schweden, Norwegen oder eben Dänemark um vordere Plätze anzutreten, geht es zum Abschluss gegen die Besten der zweitklassigen Gruppe C nur um Platz sieben oder neun. Die Bundestrainerin bittet derweil um Geduld: „Es nutzt nichts, da jetzt draufzuhauen“, sagt Neid, und: „Das ist jetzt eine harte Phase, aus der wir nur mit Arbeit herauskommen.“ Beim 22:21 im Torschusstraining war immerhin schon wieder ein Jubel zu hören. KATHRIN STEINBICHLER