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: Nicht nur im richtigen Leben gilt: Dem Mittelstand droht das Prekariat

Ein Dutzend Klubs müssen sich mit dem Abstieg beschäftigen. Ist die Bundesliga nur mehr eine große Nivellierungsmaschine?

Zehn Mannschaften kämpfen aktuell gegen den Abstieg. Zehn. Manche behaupten, Hertha und Hannover müssten sich auch noch frisch machen. Macht zwölf. Ein Dutzend Bundesligisten sind also am 25. Spieltag, im letzten Drittel der Meisterschaft, vom Abrutschen in Liga zwei bedroht. Was bedeutet das? Ist die Liga so schwach, dass sich die Klubs nur dem puren Existenzkampf widmen können? Oder ist die Liga so ausgeglichen? Sind fast alle Klubs ins Räderwerk einer großen Nivellierungsmaschine geraten? Gibt es nur noch unten und oben? Ist der Mittelstand der Liga ausgestorben?

Sicher ist, dass es eine Oberklasse gibt, die mehr denn je ihre Pfründen sichert. Meister wird wohl Bremen oder Bayern oder Schalke. In den kommenden Jahren dürfte das nicht anders sein. In England ist es ja ähnlich. Da weiß der Fan schon vor Saisonbeginn, dass es in diesem Jahr nur Manchester United macht oder Arsenal London oder der FC Chelsea oder Liverpool. Diese Klubs sitzen an den Geldströmen der Champions League und von Oligarchen. So reich sind deutsche Klubs zwar nicht, noch kommen sie im globalen Wettstreit nur zögerlich mit, aber der FC Bayern hat auch ein schönes Guthaben auf dem Festgeldkonto, Werder eine solide Spielkultur und Schalke finanzkräftige russische Freunde. Das reicht dann schon, um den Rest der Liga in den Tabellenkeller zu schicken. Hertha BSC Berlin galt bisher als prototypischer Mittelständler wie auch Leverkusen, Hamburg und Dortmund. Doch der Mittelstand arbeitet an seiner eigenen Demontage. Hamburg wollte zu viel und stürzte ab. Dortmund verspekulierte sich ebenfalls. Leverkusen murkelt ganz ordentlich vor sich hin, doch was passiert, wenn Bayer den Geldhahn weiter zudreht? Hertha BSC glaubte sich im Windschatten der Großen einrichten zu können, doch die Sparmaßnahmen, zu denen sie gezwungen sind, lassen auch sie scheitern. Sie alle wollten groß hinaus – und sind ein bisschen kleiner geworden.

Aufsteiger gibt es immer weniger. Der 1. FC Nürnberg hat sich in dieser Spielzeit darin versucht. Die Meyer-Doktrin brachten den Klub nach vorn, doch mehr als eine Top-Ten-Platzierung ist schlussendlich wohl nicht drin. Der VfB Stuttgart hat sich unter Trainer Armin Veh in die Regionen der Hegemonen geschoben, doch können die Schwaben das auch dauerhaft?

Was waren das noch für Zeiten, als der 1. FC Kaiserslautern aus der zweiten Liga hochschnellte auf den ersten Platz der Bundesliga! Dieses Szenario mutet in diesen Tagen nachgerade bizarr an. In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war so etwas noch möglich. Heute dürfen sich Aufsteiger, ob Karlsruhe, Rostock oder Duisburg, nur ins Heer der Unterprivilegierten einreihen – und brav gegen den Abstieg kämpfen. MARKUS VÖLKER