petrik sander
: Der Gefrostete

Eine Sekunde. Zwei. Drei. Vier Sekunden dauerte es, erst dann antwortete Petrik Sander auf die Frage, warum sein Team nicht gegen zehn Aachener gewinnen konnte. Der Trainer des FC Energie Cottbus weiß, dass es wenig Sinn macht, hitzige Gedanken vorschnell in Mikrofone zu sprechen. Also gönnte er sich eine Phase des Zögerns und schockfrostete seine Worte. Er könne seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, zumindest nicht für deren Spiel in der zweiten Halbzeit, sagte er. Der Reporter hakte freilich nach. Er wollte etwas über den Streit Sanders mit Energie-Präsident Ulrich Lepsch wissen. Sander antwortete sofort, weniger bedacht: „Das wurde alles zu Genüge beredet, zerredet. An Behauptungen Anonymer, an irgendwelchen Spekulationen beteilige ich mich nicht.“

So rückte nach der 0:2-Niederlage eine Auseinandersetzung in den Fokus, die nach Darstellung des FC Energie nie stattgefunden hat. Der Klub sah sich trotzdem genötigt, die Sache, die es nie gab, in einer Pressemitteilung zu kommentieren. Nein, hieß es da, Lepsch wolle Trainer Sander nicht rauswerfen, Sander mache hervorragende Arbeit. Und so weiter. Lepsch ist Chef der Sparkasse Spree-Neiße, ein Mann, der sich mit Zahlen auskennt. Sander, früher Spieler in Cottbus, ist ein Mann, der sich mit dem Ball auskennt. 99 Prozent der Bundesligatrainer sind der Meinung, jeder solle das machen, was er am besten kann. Doch Lepsch hielt sich nicht daran. Er mischte sich in die Belange des Trainers ein, sagte öffentlich, dass er von Tomislav Piplica im Tor nichts halte und Gerhard Tremmel zwischen den Pfosten sehen wolle.

Piplica ist Publikumsliebling, doch er ist alles andere als verlässlich. Zwar hat er sich am Samstag wieder todesmutig den Stürmern entgegengeworfen und das mit einer Gehirnerschütterung bezahlt, aber er ist auch jederzeit für hanebüchene Schnitzer gut. Sander hält starrsinnig an Piplica fest. Darüber verärgert, soll Lepsch den Rauswurf von Sander betrieben haben – und das in der beschaulichen Lausitz, wo Energie als verschworenes Kollektiv Dienst tut. Sanders Vorgänger, Eduard Geyer, wurde übrigens nach einer Niederlage gegen Aachen entlassen. Darüber hat Petrik Sander bestimmt länger als vier Sekunden nachgedacht. MARKUS VÖLKER