Irakkonferenz mit Streit und Bomben

Alle relevanten regionalen Kräfte kamen am Samstag zur Sicherheitskonferenz in Iraks Hauptstadt Bagdad. Das war der einzige Erfolg des Gipfels. Die Teilnehmer einigten sich nicht einmal auf ihr nächstes Treffen. Es entstehen lediglich Arbeitsgruppen

AUS BAGDAD INGA ROGG

Der Appell von Regierungschef Nuri al-Maliki an die Nachbarländer, den Irak im Kampf gegen den Terror zu unterstützen, war kaum verklungen, als am Sonntag erneut dutzende Iraker durch Bombenanschläge in den Tod gerissen wurden. Landesweit fielen der Gewalt gestern mindestens 46 Personen zum Opfer.

Einen Tag zuvor hatte Maliki die Nachbarländer und die Staatengemeinschaft bei der „Friedenskonferenz“ in Bagdad aufgerufen, seinem Land im Kampf gegen Terror und ethnisch-religiöse Gewalt beizustehen. Die Nachbarländer müssten Hilfen für bewaffnete Gruppen im Irak unterbinden, sagte Maliki zum Auftakt der eintägigen Konferenz in Bagdad. Der Irak werde nicht zulassen, dass seine Städte und Straßen zum Schauplatz der regionalen und internationalen Konflikte werde. Wie katastrophal die Sicherheitslage in Bagdad ist, konnten die Teilnehmer aus 13 Staaten und Organisationen kurz darauf am eigenen Leib erfahren. Trotz der extrem hohen Sicherheitsvorkehrungen schlugen zwei Mörsergranaten neben dem Außenministerium ein, wo die Tagung stattfand.

Knapp sechs Stunden später machte der stellvertretende iranische Außenminister Abbas Araghchi Hoffnungen auf eine Annäherung zwischen den regionalen Konfliktparteien zunichte. Eben noch hatten der irakische Außenminister Hoshyar Zebari und der US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, die Gespräche als „positiv und konstruktiv“ bezeichnet, als Araghchi vor die Journalisten trat und zu einem verbalen Schlag gegen die USA anhob. Der erste Schritt, um Irak Frieden zu bringen, sei ein Zeitplan für den Abzug der ausländischen Truppen, sagte Araghchi. Darüber hinaus forderte er die Freilassung von sechs iranischen Diplomaten, die im Januar in der nordirakischen Stadt Erbil von US-Truppen verhaftet worden waren und die beschuldigt werden, Waffen und Sprengsätze an schiitische Kämpfer im Irak zu liefern.

Diesen Vorwurf bekräftigte der US-Botschafter Khalilzad nach dem Treffen erneut. Zwar lobte er die Iraner, dass sie an dem Treffen die Unterstützung eines Friedensprozesses im Irak zugesagt hätten. Gleichzeitig forderte Khalilzad von Teheran, den schönen Worten Taten folgen zu lassen.

Wie verfahren die Lage ist, zeigt sich daran, dass viele Iraker es schon als Erfolg werteten, dass keiner der Verhandlungsteilnehmer aus dem Konferenzsaal stürmte und dass sich Khalilzad und Araghchi zum Auftakt kurz die Hand schüttelten. Für die irakische Regierung ist es eine Anerkennung, dass die von ihr einberufene Konferenz neben Vertretern der sechs Nachbarländer des Irak und den USA auch Botschafter der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz in Bagdad zusammenbrachte.

Doch jedes der Nachbarländer hat seine eigene Agenda. Der Türkei sind die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im Nordirak und die Angriffe der PKK ein Dorn im Auge. Die sunnitische arabische Welt unter Führung Saudi-Arabiens will den schiitischen Einfluss im Irak zurückstutzen. Iran wiederum stellt sich voll hinter die Schiiten. Zudem machen Syrien und Jordanien die Flüchtlingswelle aus dem Irak zu schaffen.

Am Ende konnten sich die Konferenzteilnehmer nur auf die Gründung von drei Arbeitsgruppen zu den Themen Sicherheit, Flüchtlinge sowie Benzin- und Stromimporte einigen. Die Entscheidung über die geplante Nachfolgekonferenz auf Ebene der Außenminister wurde vertagt, weil man sich weder auf einen Tagungsort noch auf die Teilnehmerliste einigen konnte.