HAMBURGER SZENE VON JAN KAHLCKE
: Abstimmung mit Hindernissen

Wer Bürgerentscheid und Radrennen nicht geregelt kriegt, sollte von Seilbahnen besser die Finger lassen

Ein herrlicher Anblick, wie die Radler der Cyclassics den Glockengießerwall heruntergesaust kommen. Das Problem: Es nimmt kein Ende. Und ohnehin ist die Straße so lückenlos abgesperrt, dass sogar ein Kaninchen Schwierigkeiten hätte, durchzukommen. Egal, könnte man sagen, die Geschäfte in der Innenstadt haben ja Sonntags eh geschlossen. Wenn da nicht dieser Bürgerentscheid wäre.

Es geht um die Seilbahn, vordergründig. Aber für Viele geht es auch um die Frage, ob Hamburg noch mehr Eventtouristen anlocken soll. Wenn sie gegen die Seilbahn sind, wollen sie auch sagen: Es reicht.

Heute, am Sonntag, ist die letzte Chance, das zu tun – oder auch, um dafür zu stimmen. Aber im Moment ist diese Chance eher theoretischer Natur. Denn das Abstimmungslokal im Bezirksamt Mitte liegt mitten in der Fahrradrennstrecke.

Die Helfer vom THW zucken mit den Achseln. Da durch? Nee, geht nicht. Vielleicht mal am Jungfernstieg versuchen, da soll es eine Fußgängerunterführung durch den U-Bahnhof geben. „Vielleicht haben Sie da Glück.“ Mit dem Fahrrad.

Die Polizisten sind auch ratlos. Dass es einen Bürgerentscheid gibt, wissen sie nicht. „Das haben wir nicht so terminiert“, sagt einer von ihnen entschuldigend. Dass ich nun in letzter Verzweiflung durch den Wallringtunnel radeln will, findet er irgendwie nicht gut, lässt es aber aus Mangel an Alternativen geschehen.

Es ist auch nicht gut. Die Autos rasen im Tunnel zweispurig, auch mal ohne Licht. Und am anderen Ende wartet – die Cyclassics-Absperrung. Im Rücken eines Ordners mogele ich mich über den Deichtorplatz, höre noch, wie er hinter mir herpöbelt.

Im Bezirksamt ist fast nichts los. Wie auch? Mit dem Auto kommt man gar nicht hin, mit dem Fahrrad nur illegal, selbst zu Fuß ist es schwierig. In den meisten Ländern der Welt würde man hinter solch einer Blockade Abstimmungs-Manipulation vermuten, in Hamburg nur Dusseligkeit gepaart mit Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen der ansässigen Bevölkerung. Eine Stadt, die nicht in der Lage ist, einen Bürgerentscheid mit einem Fahrradrennen zu koordinieren, sollte jedenfalls von komplizierten Einrichtungen wie einer Seilbahn besser Abstand nehmen.

Auf dem Rückweg dann doch noch die Lösung: Man hätte mit der U 1 fahren müssen. Die hat in der Steinstraße einen Ausgang zum Bezirksamt.