Frankreich attackiert deutsche Sparpolitik

EUROKRISE Wirtschaftsminister will Wachstum vor Defizitabbau. Italien plant Rechentrick

PARIS/ROM rtr | Der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg hat scharfe Kritik an der Haushaltspolitik der Bundesrepublik geübt. Die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone sei in einer Sparpolitik gefangen, die sie ganz Europa aufgezwungen habe, sagte Montebourg der Zeitung Le Monde. Er mahnte einen neuen Kurs an, bei dem die Bewältigung der Krise auch für Deutschland Vorrang habe.

Der für seine deutlichen Worte bekannte französische Minister sagte weiter, der Ausweg aus der Krise habe auch Priorität gegenüber dem Abbau der Haushaltsdefizite. Die bisherige Sparpolitik in der Euro-Zone habe die Arbeitslosigkeit nur in die Höhe getrieben. Das mache Budgetverbesserungen unmöglich und treibe in vielen Ländern Menschen in die Fänge extremistischer Parteien. Die sozialistische Regierung in Paris hatte zuletzt nach erneut schwachen Wirtschaftsdaten ihre Wachstumsziele für dieses und nächstes Jahr gesenkt. Die Neuverschuldung dürfte auch 2014 oberhalb der EU-Vorgaben liegen. Vor allem die hohe Arbeitslosigkeit hemmt den Konsum.

Der italienische Verkehrsminister Maurizio Lupi sagte indes der Zeitung Corriere della Sera, er wolle Mitte September bei einem EU-Gipfel in Mailand neue Möglichkeiten zur Förderung des Wirtschaftswachstums diskutieren. Angestrebt werde eine Einigung darauf, bestimmte Aufwendungen für strategisch wichtige Investitionen aus der Schuldenberechnung herauszuhalten. In der Vergangenheit hatten die EU-Partner ähnlichen Forderungen aus Rom nach mehr Flexibilität beim Defizitabbau eine Absage erteilt. Italien ist eines der am höchsten verschuldeten EU-Länder und war zuletzt in die Rezession zurückgerutscht. Das macht es für die Regierung schwer, dieses Jahr wie versprochen die EU-Neuverschuldungsgrenze von 3 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftskraft zu einzuhalten.