Bürgersteine wieder hochklappen

Neuer alter Ladenschluss: Viele Kaufhäuser in Norddeutschland kippen die 22-Uhr-Öffnung wieder, weil sie sich nicht lohnte. In Zukunft haben die Geschäfte höchstens bis 21 Uhr offen. Vorreiter sind die Geschäfte in Hamburgs Innenstadt

VON KAIJA KUTTER

Im Streit um die Ladenöffnungszeiten haben Hamburgs VerkäuferInnen einen kleinen Etappensieg errungen. Der Einzelhandel in der Innenstadt hat sich darauf geeinigt, Donnerstags und Freitags nur noch bis 21 Uhr, statt wie seit Januar üblich bis 22 Uhr zu öffnen. An den übrigen Werktagen gelten die alten Schlusszeiten von 20 Uhr. Einzige Ausnahme bildet das Textilkaufhaus C&A, das seine Filiale an der Mönckebergstraße weiter bis 22 Uhr Zeit offen halten will.

„Der Beschluss ist schon 14 Tage alt“, sagt Einzelhandelsverbandssprecher Ulf Kalkmann. Es sei wichtig, „alle Geschäfte unter einen Hut zu bekommen“. Die Änderung werde nun mit den Betriebsräten abgestimmt und sukzessive umgesetzt. Den Start machte das Elektrokaufhaus Saturn bereits am 1. März, spätestens bis zum 1. April wollen auch Karstadt, Alsterhaus und die neue Europapassage folgen. Bis 21 Uhr, sagt Kalkmann, sei „die Nachfrage gut“. Am späteren Abend aber habe sich der Aufwand nicht gerechnet. „Es war nur probeweise. Es hat sich nicht bewährt“, sagt eine Sprecherin der Europapassage, Hamburgs neustem Einkaufszentrum mit mehr als 130 Läden auf fünf Etagen, das im vergangenen Oktober öffnete.

Verdi-Gewerkschaftssekretärin Brigitte Nienhaus ist zufrieden über diese Entwicklung: „Wir haben gleich gesagt, dass es ich nicht lohnt.“ Es habe nicht mal eine Umsatzverlagerung stattgefunden. Sie sei nun froh über die Rücknahme der Spätarbeit, da sonst Personal abgebaut werde, wenn der Umsatz nicht stimmt.

Von dem Rückzieher profitieren allerdings nicht alle VerkäuferInnen. Die Handelskette Rewe zum Beispiel, die schon bei der 20-Uhr-Öffnung Vorreiter war, bleibt dabei, ihre 90 Penny-Märkte und 41 Rewe-Filialen in der Großstadt täglich bis 22 Uhr zu öffnen. „Man muss den Kunden Zeit lassen, sich daran zu gewöhnen“, sagte Rewe-Sprecher Andreas Krämer. Der Lebensmittelhandel sei ein anderes Geschäft und nicht mit Warenhäusern vergleichbar. „Man geht sich schließlich nicht täglich einen Anzug kaufen.“

Dennoch sei dies „nicht in Stein gemeißelt“. Auf Nachfrage räumt der Pressesprecher ein, dass bei 26 Penny-Filialen im Norden und im Hamburger Umland die Öffnungszeit seit dem 1. März bereits auf 21 Uhr reduziert wurde, darunter in Orten wie Malente, Schenefeld, Niebühl, Neumünster und Lübeck.

Ähnlich wie Hamburg hat auch Schleswig-Holstein seinen Spielraum genutzt und bereits zum 1. Dezember die werktäglichen Ladenöffnungszeiten ganz freigegeben. Doch auch dort setzt jetzt Ernüchterung ein. „Im Dezember herrschte eine große Euphorie“, sagt Verdi-Nord-Sekretärin Conny Töpfer. Doch im Januar und Februar hätten viele Unternehmen die Öffnungszeiten zurückgeführt. In Kiel beispielsweise dauere der kürzlich eingeführte lange Donnerstag neuerdings bis 21 Uhr statt bis 22 Uhr. Auch in Lübeck sei ein großes Plaza-SB-Warenhaus auf der grünen Wiese diesem Beispiel gefolgt. Und in der Lübecker Altstadt und der Flensburger Fußgängerzone seien die Öffnungszeiten gar nicht erst ausgeweitet worden.

Wie die Lübecker Nachrichten berichten, wollen die dortigen City-Geschäftsleute am 30. März einmalig bis 24 Uhr ihre Türen öffnen. Töpfer: „So etwas machen jetzt mehrere Kommunen ein, zwei Mal im Jahr.“ Wenn dies zur Gewohnheit werde, führe auch dies nur zu einer Verlagerung und nicht zu mehr Umsatz. Die Lage gleiche in Schleswig-Holstein einem Gemischtwarenhandel und verunsichere den Kunden. „Der geht dann eben einkaufen, wenn verlässlich offen ist. Und das ist vor 19 Uhr.“

Einen Überblick über die neuen Öffnungszeiten hat in Schleswig-Holstein übrigens keiner, nicht mal das Wirtschaftsministerium. „Wir brauchen keine Statistik“, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. „Das Gesetz ist gemacht. Aus welchem Grund sollten wir es nachkontrollieren?“