Albanien abgehört

GEHEIMDIENSTE Die Türkei ist laut Medienberichten nicht das einzige Nato-Land im Visier des BND

BERLIN dpa/taz | Der Bundesnachrichtendienst (BND) überwacht nach Spiegel-Informationen neben der Türkei seit Jahren noch einen zweiten Nato-Partner: Albanien. Der Balkanstaat sei im „Auftragsprofil“ der Bundesregierung ebenfalls als sogenanntes Kernland aufgeführt. Das bedeute, dass der deutsche Geheimdienst das Land „operativ aufkläre“.

Albanien sei noch vor seinem Beitritt zur Nato 2009 auf die Zielliste gesetzt worden. Der BND interessiere sich vor allem für organisierte Kriminalität. Wie die Türkei tauche Albanien in einer Version des Auftragsprofils auf, das der BND-Mitarbeiter und mutmaßliche CIA-Spion Markus R. an seine Auftraggeber weitergegeben habe.

Die Veröffentlichung kommt für die Bundesregierung zur Unzeit, denn sie hat für den kommenden Donnerstag zu einer Westbalkan-Konferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Berlin geladen. Erwartet wird auch Albaniens Ministerpräsident Edi Rama.

Die Türkei steht nach Informationen des Nachrichtenmagazins bereits seit 1976 im Visier des BND. Bisher war lediglich bekannt gewesen, dass das Nato-Mitgliedsland mindestens seit der rot-grünen Regierung von SPD-Kanzler Gerhard Schröder offizielles Spionageziel war. Außerdem sei im Kanzleramt und im Außenministerium bekannt gewesen, dass der Geheimdienst die Türkei ausspähe. Im Gegensatz zu dieser Darstellung hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch am vergangenen Dienstag im ZDF beteuert, von der Spionage erst durch Medienberichte erfahren zu haben.

Die Türkei hatte empört auf das Bekanntwerden der deutschen Aktivitäten reagiert. Nun fordert der frühere türkische Vizeregierungschef Ertügrül Yalcinbayir ein No-Spy-Abkommen zwischen seinem Land und der Bundesrepublik. Nach der Aufdeckung der NSA-Affäre hatten deutsche Politiker ein solches Abkommen zwischen Deutschland und den USA verlangt.